Zwielicht 4 herausgegeben von Michael Schmidt
Rezension von Ralf Kötter
Verlagsinfo:
»Zwielicht«
Dämmriges Licht, verschwommene Konturen. Die Realität hat einen Riss. Aus ihr heraus treten vierzehn Geschichten: Zum Nachdenken anregend, beängstigend, erschreckend.
Die komplette Bandbreite des Genre Horror und Unheimliche Phantastik!
Rezension:
Vierzehn Geschichten und fünf Artikel, so präsentiert sich das Zwielicht Magazin 4.
Den Anfang bildet die makabre Mär von Rotkäppchen und Dr. Wolf. Vincent Voss, vor allem bekannt durch seine Zombiegeschichten, haut hier eine richtig böse Story raus, die Mord, Nekrophilie und natürlich lebenden Toten handelt. Ein wirklich heftiger Opener.
Der Arztbesuch von Iven Einszehn ist schräg und knackig, konnte mich aber nicht überzeugen.
Andreas Schumachers Dr. Leinensack schwirrt zwischen Wahn und Realität und dem Problem, wenn man ein zu Inniges Verhältnis zu seinen Pflanzen hegt. Gelungen!
Josef Helmreich mahnt in seiner Geschichte Tattoo, dass man sich seinen Tätowierer immer genau ansehen sollte. Das Tattoo möchte ich nicht haben!
Das zweite Highlight der Ausgabe präsentiert Dominik Grittner in Master Carvats Geheimnis Leichen verschwinden zu lassen. Die Charaktere sind gut gezeichnet und die Story fies, gruselig und überraschend.
Auch Carsten Zehms Vom wahren Namen eines Baumes konnte mit seiner genialen Idee überzeugen. Sehr atmosphärisch. Lasst die alten Friedhöfe besser ruhen.
Erst zum Ende hat mich Cristal von der Post von Regina Schleheck überzeugt, die Wendung war sehr gelungen.
Carlotta von Verena Gehle war etwas langatmig, die Beschreibungen überflüssig. Die Pointe konnte die Geschichte aber noch retten.
Um Liebe bis über den Tod hinaus, geht es in Andreas Flögels Der Hauch einer Berührung. Grandios spannend geschrieben und ein Ende, dass es in sich hat.
Einen kettenrauchenden Widerling lernen wir in Erik Hausers Mein Onkel Stanislaus kennen, der seine Frau bis zu seinem Tod leiden lässt. Doch manchmal geht es darüber hinaus. Spannend und gruselig.
Max Pechmann führt einen Drehbuchautor in Ein seltsamer, kühler Ort in ein seltsames Kino. Was verbirgt sich im Dunkel des Saales? Gefiel mir richtig gut. Klassisch und schaurig.
Herr Winzig scheint äußerlich nicht so gruselig wie Chucky, aber gegen Herr Winzig stinkt die Mörderpuppe gewaltig ab. Glaubt mir! Daniel Schenkel lässt in Herr Winzig die Puppen tanzen.
Michael Böhnhardt erzählt die Geschichte von Faust und Mephisto in Die Flammen von Troja weiter. Wer hätte es gedacht, es geht Faust um eine Frau, und was für eine! Eine gut erdachte Geschichte um den Klassiker von Goethe.
Harald A. Weissen führt uns in Am Ende eines Sommers eine coming-of-age Story vor, die sich etwas in die Länge zieht. Wer die grüblerischen Passagen geschafft hat, wird mit einem deftigen Ende belohnt. Gefiel mir nach anfänglicher Skepsis gut!
Die Artikel sind gut zu lesen, doch vor allem möchte ich den über Algernoon Blackwood hervorheben, der, neben biographischen Teilen, auch kleinere Zusammenfassungen von seinen bekanntesten Werken zu bieten hat. Diese haben mich neugierig gemacht. Ich habe mir direkt einige Exemplare zugelegt.
Auch der Artikel über das Verhältnis von Lovecraft und dem Weird Tales Magazin ist hochinteressant und gibt einen Einblick in die damalige Welt der Pulp Magazine.
Alles in allem eine gelungene Ausgabe, die den schwierigen Grad zwischen Grusel und Horror, zwischen Monstern und verlorener Liebe meisterlich bewältigt.
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