Menschen wie Götter (Autor: Sergej Snegow)
 
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Menschen wie Götter von Sergej Snegow

Rezension von Ralf Steinberg

 

Verlagsinfo:

Die ferne Zukunft: Die Menschheit durchpflügt das Weltall, erforscht fremde Planeten, schließt Freundschaft mit außerirdischen Zivilisationen. Kurz: Sie verfügt dank ihrer fortgeschrittenen Technologie über all jene Fähigkeiten, die früher den Göttern zugeschrieben wurden. Eines Tages jedoch stößt der Raumschiffkapitän Eli bei einem Erkundungsflug auf einen Planeten, auf dem Spuren einer noch überlegeneren Zivilisation existieren … Es ist der Beginn eines atemberaubenden Abenteuers!

 

Rezension:

Es mag am aktuellen Erfolg russischer Phantasten liegen, dass Menschen wie Götter von Sergej Snegow eine Taschenbuchauflage bei Heyne erhält. Dass 2006 eine Hardcover-Ausgabe beim Verlag Neues Leben erschien, verwunderte jedoch nicht, ist die Trilogie doch ohne Zweifel eines der Kult SF-Bücher der DDR.

Dieser Kult erstaunt umso mehr, als ihn Snegow in seiner Heimat nicht auslöste. Daher mag es durchaus aus litarurhistorische Gründe geben, „Menschen wie Götter“ ein erstes Mal zu lesen.

Die drei Bände sind miteinander verbunden, jedoch lieg zwischen den einzelnen Teilen eine zeitliche Distanz, in die nicht nur persönliche Änderungen der Figuren fallen, sondern stilistische - besonders deutlich zu spüren im dritten Teil „Der Ring der Gegenzeit“, der zehn Jahre nach der ersten Teil erschien.

 

Die Fahrt des Sternenpflugs beginnt zunächst gemächlich. Mit für uns heute nur schwer nachvollziehbarem Optimismus breitet Snegow die Vision einer zukünftigen Gesellschaft aus, in deren Zentrum das Wir steht. Auch wenn es kaum explizite ideologische Phrasen gibt, ist die Idee des Kommunismus deutlich zu spüren, aber mit einer sehr menschlichen und vorwärtsgerichteten Note.

Es ist dieser kollektivistische Unterton, der zunächst befremdet, oder Erinnerungen wachruft. Die Menschen sind moralisch integer (im Sinne einer kommunistischen Moral!), gehen in ihrem Wunsch der Gesellschaft/Menschheit zu dienen auf und blicken zusammen optimistisch in die Zukunft.

So steht zu Anfang auch eine Art galaktische Konferenz, in der sich die netten Erdlinge mit anderen Rassen treffen, alles im Zeichen friedlicher Koexistenz und gegenseitiger Hilfe. Hauptfigur Eli verliebt sich sogar in eine Alien. Ganz nebenbei wird eine Gefahr offenbar, die von einer offensichtlich aggressiven Rasse ausgeht. Eine Expedition wird in die Gegend entsandt und dort stößt man auf die Zerstörer.

 

Im zweiten Teil Die Invasion im Perseus wird der Ton düsterer. Die Bekämpfung der extraterrestrischen Bedrohung führt unter den Menschen zu ernsthaften Diskussionen, die eine grundsätzliche ideologische Diskussion aufgreifen, ähnlich der Frage, ob man Revolutionen verpflanzen kann. Es ist 1968 und auch Snegow stellt sich den tagespolitischen Problemen. Letztlich entscheidet sich die Mehrheit seiner Figuren dazu, den Anderen die menschliche Ordnung zu bringen. Die Geschichte ist hoch dramatisch, voller schmerzlicher Opfer und von einer spannenden Handlung geprägt.

 

Der Ring der Gegenzeit liest sich danach wie eine Antithese. Den Menschen werden ihre Grenzen aufgezeigt, der Gegner ist übermächtig und gerade so bereit, die kleinen Ameisen aus dem Rand der Galaxie wahrzunehmen. Voller philosophischer, aber auch physikalischer Gedankenexperimente, wendet sich Snegow im abschließenden Band deutlich dem hinterfragenden Nachdenken zu. Der „Alle sind Freunde“-Gedanke wandelt sich zu einer tiefgreifenden Toleranz, die man zwar erst durchsetzen muss, es aber erlaubt, auch konträreren Gesellschaftsformen eine gleichberechtigte Existenz einzuräumen.

Somit vollzieht sich an den drei Bänden eine Entwicklung jenseits der eigentlichen Handlung, die weitaus mehr die Zeitenwenden in der sowjetischen Geschichte widerspiegeln. Das beginnt mit dem Ende der Ära Chruschtschow, als sich die Bevölkerung von Breschnew positive Impulse versprach, gipfelt in der 68er Krise um den drohenden Zerfall des Ostblocks und endet mit der alterstarren Trägheit der Endsiebziger, als immer deutlicher wurde, dass es im Westen trotz aller Probleme zu keiner revolutionären Wende kommen würde.

 

Aber diese politische Ebene ist ein vielleicht eher vager Grund warum die Trilogie in der DDR so ein großer Erfolg wurde. Hauptsächlich nämlich handelt es sich um eine spannende Space Opera die sich so ganz anders las. Wie wir heute feststellen können, weil sie viel westlicher war, als der normale utopische Roman im „Osten“. Gerade die technischen Aspekte stellten Wunder dar, die begeisterten, Innovationen darstellten und heute naiv wirken.

Snegov war auch als Physiker ein Kind seiner Zeit. Er schießt eine ganze Menge cooler Ideen ab, ohne die Konsequenzen weiter zu verfolgen. Heute denkt man bei genetischen Neuschaffungen sofort an die verheerenden Auswirkungen auf komplexe Ökosysteme. Ähnliches gilt für den Anhilitionsantrieb. Einfach mal so Materieschneisen ins All fräsen - Umweltverschmutzung durch Technik?- in den 60er war davon noch keine Rede. Der Mensch konnte und durfte alles erreichen. Der Preis schien stets gerechtfertigt.

 

Der Heyne-Verlag präsentiert das Werk unspektakulär. Die Aufmachung ist gewohnt lieblos und bietet keine weiteren Features, wie es eine Klassikerausgabe verdient hätte. Wo liegt das Problem, seinen Editionen Worte des Herausgebers beizugeben oder wenigstens im eigenen Fundus zu schöpfen und ein Nachwort zu platzieren? Erik Simons Artikel Engel, Zerstörer und die schönsten Stunden des Lebens. Sergej Snegows "Menschen wie Götter" und die Folgen aus Das Science Fiction Jahr 2004 hätte wunderbar gepasst.

 

Fazit:

„Menschen wie Götter“ von Sergej Snegow ist ein Klassiker, der uns zwar in die Zukunft mitnimmt, aber eine Ganze Menge über die Vergangenheit erzählt. In der DDR Kult, in seiner Heimat fast unbeachtet, offenbart die Trilogie mehr als nur eine exotische Space Opera-Handlung. Sie wurde in einer Zeit großer Krisen geschrieben und jede einzelne schlug sich in ihr nieder.

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Oje, das hat nicht geklappt, Elfenwerk! 20240515093822524f30f2
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Buch:

Menschen wie Götter

Original: Люди как Боги (1966, 1968 und 1976)

Autor: Sergej Snegow

Übersetzer Heinz Kübart

Taschenbuch, 991 Seiten

Heyne, März 2010

 

ISBN-10: 3453525191

ISBN-13: 978-3453525191

 

Erhältlich bei: Amazon


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Erstellt: 19.06.2010, zuletzt aktualisiert: 17.01.2024 18:43, 10607