Die Falle der Zeichnerin (Autorin: Ulla Mothes; SMS-Starke Mädchen Stories, Bd. 1)
 
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Die Falle der Zeichnerin von Ulla Mothes

Reihe: SMS-Starke Mädchen Stories, Bd. 1

Rezension von Christel Scheja

 

Gerade Mädchenbücher suggerieren den jungen Leserinnen heute eine heile Welt, in denen nur einige wenige Dinge wichtig sind: Sich dem Gruppenzwang anzupassen, möglichst schlank und schick auszusehen um damit einen möglichst tollen Jungen zu finden. Freundschaft und die erste Liebe sind oft die Hauptthemen der Bücher. Außenseiter - egal ob sie nun zu klug, dick oder hässlich sind, nehmen in diesen Geschichten oft die Rolle der Gegenspieler, lustigen Sidekicks oder ewigen Looser ein. Nur wenn sie auf die ein oder andere Weise lernen, so zu werden, wie man es von ihnen erwartet, werden sie voll und ganz akzeptiert.

Nur wenige Romane zeigen, dass es auch anders geht. Zu diesen gehört „Die Falle der Zeichnerin“, mit der der Schenk-Verlag eine Reihe von Romanen über starke Mädchen beginnt, die sich durch nichts und niemanden unterkriegen lassen, auch wenn man ihnen zunächst nicht glauben will.

 

Die Sechstklässlerin Nora ist nicht gerade eben dünn. Anders als viele der anderen Mädchen hat sie keine Mutter, die ernährungsbewusst auf ihr Essen achtet, sondern eine, die tagsüber arbeiten muss und es dem Mädchen so überlässt, sich selbst zu versorgen. Und da greift Nora natürlich immer wieder zu Fertiggerichten und Süßigkeiten.

So kann sie sportlich nicht gerade mit den anderen Mädchen aus ihrer Klasse mithalten, aber das macht ihr zunächst nicht viel aus. Denn sie hat ein anderes Talent, mit dem sie sehr zufrieden ist - sie kann sehr gut zeichnen, und diese Fähigkeit hat sie auch gelehrt, auf die kleinsten Details zu achten.

So bekommt sie eines Tages mit, dass zwei ältere Jungen einen aus ihrer Parallelklasse auf den Boden werfen und seiner Turnschuhe berauben, die sie am nächsten Tag einfach an jemand anderen verkaufen. Das Schlimme ist, dass einer der Lehrer die Burschen auch noch zu decken scheint.

Als Nora ihrer besten Freundin Lilli davon erzählt, will diese ihr nicht glauben. Vielleicht auch, weil sie mehr Interesse daran hat, mit einer anderen Klassenkameradin zusammen zu sein, die ihr viel mehr bieten kann.

So ist Nora auf sich alleine gestellt. Sie beginnt „Spider“ und „Knife“ nach zu spionieren und kann so beobachten, wie die Jungen ein Mädchen mit dem Messer bedrohen und ihr einfach das Handy abnehmen.

Leider sind auch die Jungen auf sie aufmerksam geworden und holen zum Gegenschlag aus. Sie bringen Lilli mit kleinen Geschenken auf ihre Seite und beginnen Nora zu mobben, in dem sie ihr gestohlene Sachen wie das Handy unterschieben. Sie beteuert zwar ihre Unschuld, merkt aber auch, dass niemand - nicht einmal ihre Mutter ihr glauben will, weil keiner der Bestohlenen es wagt sich auf ihre Seite zu stellen. Zu groß ist die Angst vor den beiden Jungen, die es immer bunter treiben.

Auch wenn sie immer mehr geschnitten und ins Abseits gedrängt, ja sogar geschlagen wird, gibt Nora nicht auf. Sie weiß nun, dass sie stichhaltige Beweise und jemanden finden muss, der ihre Aussagen bestätigt, um „Spider“ und „Knife“ das Handwerk zu legen, ehe sie noch mehr Unheil anrichten.

 

Das Buch spricht aktuelle Themen an, die für viele Schüler heute zum Lebensalltag gehören. Wie oft werden heute Jugendliche von Gleichaltrigen oder älteren auf dem Weg zur oder sogar in der Schule in die Ecke gedrängt und beraubt, müssen sogar Schutzgeld bezahlen, um nicht verprügelt zu werden. Wie oft werden nicht schon Diebstähle und Einbrüche von minderjährigen Tätern bekannt?

Nora ist eine der wenigen, die sich auch durch Drohungen und Mobbing nicht einschüchtern lässt. Sie benutzt ihr Zeichentalent, ihren Verstand und ihre Hartnäckigkeit als Waffe gegen die brutalen Jungen, bis sie endlich Verbündete findet. Sie resigniert nicht wie so viele andere und ist schließlich diejenige, durch die sie doch bereit sind alles zu erzählen.

Besonders bemerkenswert ist, dass die Autorin keine schlanke und sportliche Heldin gewählt hat, sondern ein dickes Mädchen, dem das Essen auch über so manche Enttäuschung hinweg hilft, mit der sie nicht sofort umzugehen weiß. So vermittelt sie jungen Leserinnen ohne mit dem erhobenen Zeigefinger zu winken, die diese Probleme nicht haben, aber auch, warum Schulkameradinnen oder Freundinnen so viel essen und sich eben manchmal nicht „beherrschen“ können.

Natürlich hat Nora Glück, dass die Geschichte am Ende gut für sie ausgeht, aber trotzdem zeigt das Buch über weite Strecken, dass es durchaus Sinn macht, durch Beobachtung und Recherche Unstimmigkeiten heraus zu finden, und irgendwann einer durchaus bereit ist an einen zu glauben. Man muss nur Geduld haben.

Das alles verpackt Ulla Mothes in eine spannende und lebendige Handlung, die von einer pfiffigen und sympathischen Heldin getragen wird, von der man sich mehr Geschichten wünscht, da sie einem durch die liebevolle Schilderung noch lange in Erinnerung bleibt.

 

„Die Falle der Zeichnerin“ ist ein Mädchenbuch wie man es selten findet, denn es erzählt fernab der üblichen Klischees die Geschichte einer mutigen und klugen Heldin, die vielleicht nicht gerade schön und sportlich ist, dafür aber pfiffig und hartnäckig ihr Ziel verfolgt. Solche Romane sollten zu Klassikern der Jugendliteratur werden.

Oje, das hat nicht geklappt, Elfenwerk! 202405161302204024ed74
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Die Falle der Zeichnerin

Reihe: SMS - Starke Mädchen Stories, Bd. 1

broschiert, 192 Seiten

Schenk, Passau, erschienen März 2008

ISBN 978-3-939337-47-8

Umschlaggestaltung von Suzy Navratil, Titelbild und Innenillustrationen von n.n.

Erhältlich bei: Amazon


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Erstellt: 28.04.2008, zuletzt aktualisiert: 18.02.2024 10:14, 6379