Der Ruf des Cthulhu von Howard Philips Lovecraft
Hörspiel
Reihe: Gruselkabinett Folgen 114 und 115
Rezension von Cronn
Wenn es einen Schriftsteller gibt, der im Bereich Horror exemplarisch für die Verunsicherung der menschlichen Existenz zu Beginn des 20. Jahrhunderts steht, so ist das zweifelsohne der Amerikaner Howard Philips Lovecraft.
Während in Europa die Männer auf den Schlachtfeldern sterben, die Ich-Dissoziation des Einzelnen in den aufstrebenden Großstädten mit all ihren Verästelungen um sich greift, ist es jener Howard Philips Lovecraft aus Providence, der im Kern expressionistische Werke schuf, von denen er aber selbst glaubte, dass sie im besten Sinn konservativ seien. Und obwohl seine Stories im Kern konservative, fast schon reaktionäre Werte enthalten, sind die Ausprägungen derselben expressionistisch. In Lovecrafts bekanntesten Werken wird der Mensch als hilfloses Subjekt geschildert, ausgesetzt den Mächten aus archaischen Zeiten, unbedeutend angesichts des Kosmos.
Die kosmische Ich-Dissoziation wird auf die Spitze getrieben in Der Ruf des Cthulhu, der wichtigsten Story Lovecrafts, welche seinen Cthulhu-Mythos begründete.
Diese Geschichte ist nun als Doppelfolge in der beliebten Reihe Gruselkabinett bei Titania Medien erschienen. Wie gelungen das Hörspiel ist, soll die nachfolgende Rezension zeigen.
Doch zunächst folgt eine knappe Inhaltsdarstellung.
Verlagsinfo:
Francis Wayland Thurston wird zum Nachlassverwalter seines Großonkels bestimmt. Dieser war zu seinen Lebzeiten Professor für semitische Sprachen an der Brown-Universität in Providence, Rhode Island. Aus den zu sichtenden Unterlagen erfährt der Großneffe Erschreckendes über den eigentlichen Forschungs-Schwerpunkt seines Verwandten …
Der offizielle Klappentext ist etwas dürftig und sollte ergänzt werden.
Nach und nach erfährt Thurston, in einer Art kriminalistischen Schnitzeljagd, was es mit dem merkwürdigen Kult rund um Cthulhu auf sich hat. Die Spuren führen in die Sümpfe Louisianas und in die Südsee. Auch die merkwürdigen Träume von Künstlern haben hierbei eine wichtige Bewandtnis …
Kritik:
»Der Ruf Cthulhus« begründete Lovecrafts Ruhm als Horror-Schriftsteller mit Eigenständigkeit. Auch wenn es andere Geschichten von ihm gibt, die mit interessanteren Ideen jonglieren und auch eleganter formuliert sind, ist es doch »Der Ruf des Cthulhu«, der mit seiner Konstruktion und den bedrohlichen Ansätzen die Horror-Enthusiasten elektrisierte und bis heute für volle Kassen bei den Epigonen sorgt.
Marc Gruppe stand hierbei vor der schwierigen Aufgabe, eine Geschichte in ein Hörspiel umzuwandeln, die größtenteils aus Beschreibungen besteht. Gelöst hat er diese, indem er verschiedene Teile als Flashback-Szenen inszeniert hat. Bei jenen schwenkt die Handlung von der nachträglichen Beschreibung in eine aktuelle Dialog-Situation um.
»Der Ruf des Cthulhu« ist eine typische Dokumenten-Geschichte, bei der sich der Handlungsfaden aus einzelnen In-Story-Dokumenten zusammensetzt. Diese steife Struktur wurde von Marc Gruppe sehr gelungen aufgeweicht, ohne dabei aber die ursprüngliche Struktur völlig zu negieren. Damit ist die Nähe zum Original gewahrt und gleichzeitig der Hörspiel-Charakter gewahrt.
Die professionellen Sprecher machen ihre Sache hervorragend und auch das Sounddesign ist weitgehend gelungen. Einzig das Auftauchen des Cthulhu wirkt vom Sound her etwas zu wenig erschreckend, sondern eher wie ein billiges »Trash-Monster« aus B-Movie-Filmen.
Fazit:
»Der Ruf des Cthulhu« ist ein sehr gelungenes Hörspiel auf zwei CDs geworden, das daran erinnert, wie stark das Originalwerk war und dessen besten Eigenschaften auf das Hörspiel übertragen hat. Gerne mehr davon!
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