Tor der Offenbarung von Carol Berg

Reihe: Seyonne-Saga, Bd. 2

Rezension von Christel Scheja

 

 

„Tor der Offenbarung“ ist die erneut in sich geschlossene Fortsetzung der Geschichte um den Magier Seyonne, die in „Tor der Verwandlung“ begann. Carol Berg, eine der erfolgreichsten Newcomerinnen aus den USA setzt damit an, auch den deutschen Markt mit ihren sehr eigenständigen Romanen zu erobern, die ein wenig an den Stil und die Inhalte von Romanen aus den späten 1980ger Jahren anknüpfen. Denn nicht Wohl und Wehe einer Welt stehen hier im Vordergrund, sondern wie die Einzelnen damit versuchen umzugehen und eine Lösung zu finden.

 

Durch geduldige Beharrsamkeit hat der junge Ezzarier Seyonne die Freundschaft zu Aleksander, dem Kronprinzen der kriegerischen Derzhi gewonnen und damit nicht nur seine eigene Freiheit, sondern auch die seiner Heimat zum Dank für die Rettung vor der Übernahme durch heimtückische Dämonen erhalten.

Allerdings wissen nur wenige seiner Landsleute den Einsatz von Seyonne zu schützen. Auch wenn er Schüler, Freunde und sogar eine Frau hat, misstraut man ihm doch weiterhin, denn er gilt durch die lange Gefangenschaft als unrein. Und viele wissen nicht, ob es so gut ist, dass er seinen Dienst als „Wächter“ wieder aufgenommen hat, und sich erbarmungsloser denn je in die Zwischenwelt wagt, um die Dämonen von weiteren Zugriffen auf Körper und Seele der Menschen abzuhalten.

Seyonne kann alles hinnehmen - nur eines nicht - als seine Frau das gemeinsame Kind offensichtlich tötet, nur weil es von Geburt an von einem Dämonen besessen ist. Der junge Mann beginnt gegen das Verhalten seiner Landsleute zu rebellieren und verschont sogar einen Dämonen, was man ihm später als schwere Schuld anlastet.

Als er schließlich erfährt, dass sein Sohn doch noch lebt und fern von Ezzaria in die Obhut eines geheimnisvollen Priesters gegeben wurde, gibt es für ihn kein Halten mehr. Er macht sich auf die Suche nach dem Kind, findet für Aleksander einen Rebellen und stößt dabei auf ein Geheimnis, das sein Volk schon lange verdrängt und vergessen hat. Um selbst zu begreifen, was es damit auf sich hat, begibt er sich noch einmal in die Zwischenwelt, diesmal aber in die Hand der Dämonen und erlebt eine bittere Überraschung.

 

Auch „Tor der Offenbarung“ konzentriert sich wieder mehr auf die Personen, als auf eine epische Handlung und ermöglicht durch eingestreute Erklärungen einen Einstieg, auch wenn es schon sinnvoller ist, „Tor der Verwandlung zu kennen. Hat Carol Berg im ersten Band die noch Charaktere und die wichtigsten Elemente der Handlung eingeführt, so beginnt sie nun die Grenzen zu verschieben. Es gibt keine Schwarz-Weiß-Malerei mehr, vieles ist Ansichtssache und manches nur die andere Seite der Medallie. Es geht hier nicht um den Kampf zwischen klar definiertem Gut und Böse, sondern um das erfahren von anderen Wahrheiten und das ändern von Meinungen.

Das alles schildert die Autorin mit einem gehörigen Schuss Magie und vergisst dabei auch nicht auf den roten Faden zu achten. Mehrfach überrascht sie durch unerwartete Wendungen und stellt Dinge auf den Kopf, die nicht nur für Seyonne, sondern auch für den Leser eigentlich unverrückbare Wahrheiten waren. Die Handlung ist ein spannendes und hochintelligentes Gemisch aus Magie, Dramatik und Charakterentwicklung.

Dafür verzichtet sie aber bewusst darauf, die Kulturen der Welt schärfer herauszuarbeiten. Was für die Handlung notwendig ist, wird geschickt mit in die Handlung eingeflochten und nicht unnötig in einem ablenkenden Exkurs gebracht. So kann man auch in diesem Band noch andere interessante Seite der Ezzarier und Derzhi kennen lernen.

 

Wie schon sein Vorgänger so ist auch „Tor der Offenbarung“ kurzweilige und anspruchsvolle Fantasy, die beweist, dass man nicht immer nur auf epische Schlachten und exotische Völker setzen muss, um eine fesselnde Geschichte voller Magie zu erzählen, die man nicht mehr aus der Hand legen möchte.

 

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