Rambo … und noch eins: Scheiß was auf die Welt!
 
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Rambo … und noch eins: Scheiß was auf die Welt!

Artikel von Karin Reddemann

 

Rambo galt immer schon als so eine gewisse Sache. Für die einen ist es Baller-Kino. Kompromisslos unkompliziert in seiner Aussage. Mit einer Kampfmaschine als Superheld, die wie ein Apfel heißt. Für die anderen ist der Mann mit den wüsten Locken, der für die ganze Ballerei das Kommando hat, eine der Mega-Ikonen der Pop-Kultur. Klar ist allemal: Rambo ist was für große Jungs. Und für große Mädchen, die heimlich sehnsuchtsvoll seufzen, wenn der eigene schmalbrüstige Kerl im Frottee Pyjama auf dem Sofa schnarcht, während Rambo dem Offizier auf die Frage, wer er sei, mit Reibeisen in der Kehle antwortet:

 

»Dein schlimmster Alptraum.«

 

Ungern öffentlich zugegeben von uns tiefsinnig Vernünftigen, aber der Dichter und Denker im Manne interessiert nur begrenzt, wenn John Rambo, Alter Ego von Sylvester Stallone, dem kummervollen Kopfschütteln des Missionars, – »Es ist dieses Denken, warum sich auf der Welt nichts ändert.« –, kaltschnäuzig entgegensetzt:

 

»Scheiß was auf die Welt.«

 

Richtig so?! Wir lassen das mal so quasi richtig bei allem möglichen Für und Wider sein. Kommt letztendlich auch immer auf den Kontext an. Der ist im gegebenen Fall finster. Böse, unfair und brutal.

Wir verstehen ihn ja

Da flattern keine Schmetterlinge im Kopf. Da ist nichts mit süß und schön und heil. Da wird mit Blut geschrieben. Und die Finger zucken, wenn das Messer locker sitzt. Pazifistisch dürfen wir bleiben, wir selbst ziehen nicht in die Dschungel-Schlacht, wir schauen nur. Da müssen wir nichts verurteilen. Zumindest nicht uns selbst, uns Unschuldige, die sich packen lassen und wieder loslassen können, ohne mentalen Schaden zu nehmen. Wir verstehen ihn ja, diesen wilden, tapferen, gnadenlosen Kerl. Logisch, dass ein echter Survival-Typ so und nicht anders philosophiert:

 

»Um den Krieg zu überleben, muss man selbst zum Krieg werden.«

 

Meine Schwester war damals schwer enttäuscht, als sie erfuhr, dass Sylvester Stallone nur 1,78 m ist. Das ist ihr eigenes Gardemaß, von ihm hätte sie sich fünfzehn Zentimeter mehr gewünscht. Tatsächlich wirkt er, so durchweg animalisch-maskulin mit Lehm verschmiert, Blut verkrustet und muskelbepackt, auf der Leinwand um Imposantes größer. Humphrey Bogart steht zum Küssen in Casablanca auf einer Kiste. Ingrid Bergmann blickt zu ihm auf. Toller Fake. Nehmen wir alles gern hin, wenn es so, wie es uns vorgegaukelt wird, einwandfrei besser ist.

Kein Muckibuden-Abziehbild

Wobei klarzustellen ist: Sylvester Stallone hat für seine Rolle als Vietnam-Heimkehrer John Rambo, erstmalig 1982 auf der Leinwand präsent, sehr wohl mächtig geackert. Da spielt kein Planloser, kein Untrainierter, da jagt niemand durch den Dschungel, dem ein Anzug auch nur ansatzweise eher zu Gesicht stehen würde als ein schmutziges Stirnband zum nackten Oberkörper. Stählern und glänzend vor Schweiß, kein Muckibuden-Abziehbild. Da sehen wir ein waschechtes Kraftpaket, das nach den Dreharbeiten sehr wohl mit berechtigtem Stolz erwähnen durfte, die Stunts im Regelfall selbst erledigt zu haben.

 

Sylvester »Rambo« Stallone trainierte eisern für seine Rolle und war bestens vorbereitet auf sportliche Kicks und knallharte Fights. Disziplin diesbezüglich hatte er bereits sechs Jahre zuvor im Box-Ring bewiesen. Als Rocky, – das Drehbuch hatte er selbst geschrieben, und drei Oscars gelten als Hollywoods persönliche standing ovations für ihn –, hinterließ er 1976 tiefe Spuren bei einem schwer beeindruckten Publikum, das bedingungslos Fortsetzungen erwartete: Aktuell gab es acht bis 2018. Und Rambo, Originaltitel First Blood nach der Buchvorlage von David Morell, gleiches Erscheinungsjahr wie Rocky III, gliederte sich gleichsam höchst erfolgreich ein.

 

Seit 1976 hatte Regisseur Ted Kotcheff sich mit der Idee beschäftigt, den Morell-Roman zu verfilmen. Die Sache nahm Format an, Clint Eastwood, John Travolta, Terence Hill und Burt Reynolds wurden als »Rambo« gehandelt. Den Job erhielt Stallone. Der Rest ist Film-Geschichte. Als die aus der Vorspannungs-Kiste befreit wurde, war sie in aller Munde, lief weltweit in allen Kinos und wurde zu einer der spektakulärsten und profitabelsten der 1980er-Jahre. Colonel Samuel Trautmann (Richard Crenna), ehemaliger Ausbilder und Kommandeur von John Rambo, sagt, wie es ist. Und bleibt.

 

»Dieser Mann gehört zu den besten – mit dem Gewehr, mit dem Messer oder mit den bloßen Händen.«

 

Rambo was born. Übrigens tatsächlich und nicht nur laut Legende nach dem Rambo(ur)-Apfel benannt, der Morell, warum auch immer, laut eigenem Bekenntnis inspiriert hat. Dieser grundsätzlich recht normale Tafelapfel aus der Eifel ist groß und robust, wenig anfällig, ab Dezember mehlig und gedeiht auch an ungepflegten Bäumen unbekümmert wunderbar. Parallelen erkennbar? Egal.

Wie ein Marvel-Fantasy-Held

Nomen wurde Omen, »Rambo« zum Superman der Kids, die ihn zumindest später auf Video gucken durften. Irgendwie war, – und ist es für viele noch –, Rambo wie ein Marvel-Fantasy-Held. Wie eine der ganz großen Comic-Legenden, der zu huldigen es nicht nötig machte, sich selbst als Fledermaus oder im roten Cape über die Dächer der Welt zu träumen. Der Sohn der Nachbarin hatte ein Poster von einem durch den Urwald hechtenden Rambo mit Maschinengewehr und wilden Augen über dem Bett, stemmte Hanteln, ließ seine Locken wuchern und wickelte sich ein am Hinterkopf geknotetes Tuch um die Stirn. Dann machte er doch lieber Zivildienst im Krankenhaus, trug Birkenstock, und seine Mutter schnitt ihm die Haare. Er wurde später Banker und Vater von drei Töchtern. Vielleicht heult er heimlich.

 

Als 34-Jähriger spielte Sylvester Stallone erstmalig den Rambo in einer Geschichte, die deutlich als Kritik an den USA im Zusammenhang mit Vietnam zu verstehen ist. Erzählt wird, wie der psychisch schwer angeschlagene Ex-Elite-Soldat John Rambo der strafenden Verachtung und Schikane des Sheriffs, – Brian Dennely als Will Teasle –, einer Kleinstadt namens Hope ausgesetzt ist. Das Einzelschicksal des Kriegsheimkehrers, der als Schuldiger geächtet und als Zivilperson mit dem Brandmal des Mörders gezeichnet wird, gilt als repräsentativ für die im Kollektiv seelisch Verwundeten und von ihrem Land im Stich gelassenen. Bittere Worte:

 

»Dort drüben war ich verantwortlich für eine Million Dollar an Ausrüstung, und hier bekomme ich nicht mal einen Job als Parkwächter.«

 

Rambo kann letztendlich nur mit konsequenter Vergeltung und damit gewaltsamer Verteidigung entgegenhalten. Den Kleinkrieg, der entbrennt, will er nicht, stellt sich ihm aber mit schonungsloser Härte und Konsequenz. Quid pro quo.

 

»Die haben das erste Blut vergossen. Nicht ich.«

 

Entgegen anderer vergangener Pläne, – Rambos (Roman-)Tod am Ende und damit no future für gar nichts –, entschied man sich, auf der bombastischen Erfolgswelle weiter obenauf zu schwimmen. Fortsetzungen folgten, Kassenmagneten jeder für sich, wenn auch die zugrunde liegende Intention mehr Gewalt, mehr Exzess, mehr Effekthascherei gewichen ist. In Rambo IV aus dem Jahr 2008 wurde gezählt: 236 Tote. Alle 3,04 Minuten stirbt jemand. Da wird denn straight weiter verfolgt, was für Rambo schon in der ersten Fortsetzung (Der Auftrag, 1985) als Faustregel gilt: Gut gewappnet zu sein für jegliche Gefahr.

 

Rambo: »Nehmen Sie Waffen mit?«

Missionar: »Natürlich nicht!«

Rambo: »Dann werden Sie gar nichts ändern.«

 

John Rambo, Symbolfigur für amerikanischen Patriotismus und amerikanische Freiheit, teilt sich seinen Kult-Status übrigens mit (s)einem Messer. Wird behauptet, scheint zu stimmen. Das Rambo-Survival-Messer mit Sägezahnung, bei jeder Gelegenheit schmeichelnd scharf erkennbar, wird gern als das »männlichste Messer weltweit« bezeichnet. Und von Film zu Film wurde es noch größer, praktischer, edler und bedrohlicher. In »Rambo 2« beispielsweise ist die Klinge schwarz. Vorteil: Sonnen- und Mondlicht reflektieren nicht und verraten ergo auch nicht, wo Rambo steckt.

Rambos »Monstermesser«

In Rambo III (1988) ist das Messer optisch noch bulliger und aggressiver. Ein »Monstermesser«, das sich bei Rambo-Fans, die auf sowas stehen und auch besitzen wollen, einer riesigen Beliebtheit erfreut(e). 2008, in »Rambo IV«, verliert John Rambo sein Messer und schmiedet sich aus einer alten Schiffsschraube ein neues, das einer stilisierten Machete ähnelt und als Original-Rambo-Messer in den Handel kam als eine auf 10.000 Messer begrenzte Edition. Vom vergangenen Erfolg beseelt, bewaffnet und gewappnet für alles, was da auf den letzten Drücker noch kommen und aus dem Weg geräumt werden könnte, verabschiedete sich Rambo, nun doch in die gewissen Jahre gekommen, 2019 in Last Blood mit wuchtigem Heartstopper-Messer als immertreuer Begleiter, ritt am Schluss der untergehenden Sonne entgegen und entschied … das war’s doch noch nicht so wirklich. Zumal das Finale der Leinwand-Saga nicht unbedingt umhaut. Das war anders gedacht: Ergo ist der Abschied keiner: Ein Prequel oder Sequel ist aktuell in Planung, nicht als ganz großes Kino, sondern als Streaming-Film. So denn.

 

Das letzte Wort sei Missionar Hamid gegönnt, der Rambo eine Frage stellt, die erwähnt werden sollte. Nicht, weil sie immens wichtig ist. Aber sie nicht zu erwähnen wäre … tja, irgendwie schade:

 

Hamid: »Wozu ist das?«

Rambo: »Das ist blaues Licht.«

»Und was macht es?«

»Es leuchtet blau.«

 

Und jetzt geht es aus.

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Erstellt: 28.02.2024, zuletzt aktualisiert: 28.02.2024 16:07, 22803