Die Löwen von Bagdad
 
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Die Löwen von Bagdad

Reihe: Vertigo Select

Rezension von Christian Endres

 

Zunächst sind die vier Löwen Zill, Safa, Noor und Ali Gefangene ihrer kleinen, eindimensionalen Welt im Zoo von Bagdad. Nachdem sie während eines Bombenangriffs die Chance zum Ausbruch nutzen, sind die Raubkatzen jedoch schnell erneut Gefangene - eines Krieges, den sie freilich nicht verstehen. Doch auch ihre individuellen Ansprüche an ihre eigene Natur machen dem Quartett zu schaffen, sodass ihnen der erste Schritt aus der verhältnismäßig bequemen Routine der Gefangenschaft in die vermeintliche Freiheit nicht gerade leicht fällt.

 

Männchen Zill hat sowieso nur noch verklärte Erinnerungen an die Schönheit des Horizonts, während die ältere Safa aufgrund ihrer schmerzhaften Erfahrungen mit der Wildnis gar die Sicherheit des Zoos vorzieht; Noor und ihr kleiner Sohn Ali indes stehen zwischen den Fronten, obwohl sie von Freiheitsdrang, Neugierde und Abenteuerlust ebenfalls in Richtung Außenwelt gelockt werden. Letztlich durchstreifen die vier Löwen also die apokalyptischen Überreste der irakischen Hauptstadt, wo das kleine Rudel seine Ursprünglichkeit wieder finden möchte. In erster Linie finden sie dabei aber bloß die Wirren, Zerstörungen und Leiden des Krieges, der nicht zwischen Mensch oder Tier unterscheidet. Und der stets auf der Suche nach neuen Opfern ist...

 

Erfolgsautor Brian K. Vaughan (Runaways, Y - The Last Man, Ex Machina) folgt dem Vorbild von Richard Adams’ »Traveller« und lässt den Leser die Sinnlosigkeit des Krieges durch verständnislose Tieraugen betrachten. Dazu begleitet er ein kleines Löwenrudel an seinem einzigen Tag in trügerischer Freiheit auf Schritt und Tritt durch das zerstörte Bagdad. Ob sich dieser Tag 2003 wirklich so zugetragen hat, darf bezweifelt werden - und steht hier gar nicht zur Debatte. Vaughan nimmt die wahre Begebenheit um die vier freigekommenen Löwen lediglich als Ausgangsposition für seine flott erzählte Geschichte und macht aus ihr eine sowohl unterhaltsame und über weite Strecken meisterhaft erzählte Graphic Novel, als auch eine kluge, wenn auch zum Ende hin recht traurige Parabel.

 

Egal ob klug oder traurig, witzig oder actionreich, blutig oder sonnig: Niko Henrichons Artwork ist immer voll auf Höhe der Handlung. Außerdem schafft Henrichon es, das Prinzip der klassischen Fabel auf den Comic zu übertragen und Löwen, Affen, Bären und Schildkröten über ihre grafische Darstellung eine eigene Persönlichkeit zu geben. Geschickt gewählte Farbumgebungen für die einzelnen Abschnitte der Geschichte tragen zudem viel zur gelungenen Atmosphäre bei und helfen beim unterscheiden von trügerischer Oasen-Idylle am Stadtrand oder der von Haus aus düsteren Gegenwart von Tod und Zerfall in einem bombardierten Palast in der City, wo dem Löwen-Rudel zudem die eine oder andere unliebsame Begegnung bevor steht...

 

Auch wenn Vaughans Comicroman zu Beginn etwas stärker scheint und erst zum Ende hin wieder zur anfänglichen Brillanz zurück findet, verbirgt sich hinter »Die Löwen von Bagdad« eine auch thematisch topmoderne Tierfabel, wie es sie im Medium bisher nur selten zu sehen gab. Henrichons großartige Zeichnungen und die schöne Aufmachung der Klappenbroschur tun schließlich ihr übriges dazu, die innovative Graphic Novel als spätes Highlight des Comic-Jahres 2007 auf dem deutschen Markt zu positionieren.

 

Gut gebrüllt, ihr Löwen ...

 

Oje, das hat nicht geklappt, Elfenwerk! 2024052401444257e3e352
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Comic:

Die Löwen von Bagdad

Autor: Brian K. Vaughan

Zeichner: Niko Henrichon

Tradepaperback m. Klappenbroschur, 140 Seiten

Panini, November 2007

ISBN-Code: 3866074859

Erhältlich bei Amazon


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Erstellt: 10.12.2007, zuletzt aktualisiert: 31.12.2023 11:30, 5470