Träume von Pallahaxi (Autor: Michael Coney)
 
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Träume von Pallahaxi von Michael Coney

Rezension von Ralf Steinberg

 

Rezension:

Träume von Pallahaxi vereint den Klassiker Hello Summer, Goodbye von 1975 mit dem zunächst nur als Online-Version 2007 postum erschienenem Sequel I remember Pallahaxi. Beide Romane spielen auf derselben Welt, liegen zeitlich aber weit auseinander. Heyne wertet den Sammelband noch durch drei Karten auf, von denen zumindest die dritte besser vor dem zweiten Roman hätte gesetzt werden sollen, da sie deutliche Hinweise auf die Handlung liefern.

 

Der erste Roman Der Sommer geht kann getrost als fast vergessener Klassiker gelten. Das vierzig Jahre alte Werk vermittelt deutlich den stilistischen Zeitgeist der 70er Jahre. Die Handlung ist präzise, schnell und gradlinig. Der sehr politische Konflikt bekommt erst im Finale seine explizite SF-Note.

Druv ist ein Teenager, dessen Vater eine gewisse gesellschaftliche Stellung innehat. Durch einen militärischen Konflikt mit dem zweiten Staat des Planeten beginnt die parlamentarische Gesellschaftsform zunehmend mittels Kriegsrecht in eine Diktatur abzugleiten. Doch für Druv ist diese Entwicklung eher eine Randerscheinung, beginnen die Ferien im Hafenörtchen Pallahaxi doch zunächst mit Abenteuern und der großen Liebe. Der sehr typische Abenteuerroman enthält alle wichtigen Bestandteile eines Planetenromans. Exotische Tiere und Pflanzen, gefährliche Situationen und das Erobern eines hübschen Mädchens über gesellschaftliche Schranken hinweg. Dabei bemerkt man erst nach und nach, dass die Stilk keine Menschen sind und ihre Gesellschaft um einen entscheidenden Hauch neben unserer liegt.

Ungemein faszinierend sind auch die Beschreibungen der Grume, eine Art Meereszyklus, bei dem eine Welle dichten Wassers um den Kontinent zieht und den Bewohnern der Küste nicht nur erleichterte Fischereimethoden beschert, es kommen auch entsprechend spezialisierte Tiere mit der Grume. Die damit verbundenen Abenteuer machen einen großen Teil des Reizes aus, den die Geschichte von Druv und Braunauge besitzt. Michael Coney widmet sich dabei Flora und Fauna mit einer lockeren Beiläufigkeit und präsentiert ihre Eigenheiten so anschaulich, dass man sehr schnell das Gefühl bekommt, ein komplexe Welt kennenzulernen und das bei einem für heutige Zeiten sehr schmalen Seitenumfang. Auch das rasante und offene Ende erscheinen ungewohnt und erstaunlich blutarm. Das Gefühl, es müsse doch zu einer brutalen Eskalation kommen, wird nicht befriedigt, als ob eine Prise Pazifismus das Ganze bedeckt.

Für sich allein genommen erscheint "Der Sommer geht" daher in erster Linie als stimmungsvolles und einfühlsames Jugendabenteuer voller Romantik und Wehmut.

Aber es gibt ja die spätere Fortsetzung.

 

Erinnerungen an Pallahaxi spielt genau einen Rax-Zyklus später. Das heißt, erneut wird der Planet der Stilk aus der Umlaufbahn gerissen und die nächste Eiszeit steht bevor.

Allerdings hat sich nicht nur die Gesellschaft der Stilk verändert, auch sie selbst sind anders.

Sie leben in Dörfern nach Männern und Frauen getrennt und zudem unterteilt in Fischer und Bauern. Die bedeutendste Änderung aber ist das genetische Gedächtnis. Die Stilk können über sogenannte Sternenträume realistische Erinnerungen heraufbeschwören, ihre eigenen ebenso, wie die ihrer genetischen Vorfahren. Das hat Auswirkungen auf das gesellschaftliche Leben. Nicht nur Erfahrungen werden so direkt weitergegeben und brauchen nicht über Bücher bewahrt zu werden, auch Verbrechen werden so fast völlig verhindert, da man sich stets bewusst ist, dass die Nachkommen alles erfahren werden.

Eine weitere Neuigkeit ist die Anwesenheit von Menschen. Sie haben ein Bergwerk mit Genehmigung der Stilk errichtet und bewahren darüber hinaus eine Politik der Nichteinmischung, da sie als technisch höher entwickelte Rasse Angst vor ungewollten Entwicklungen haben.

Hardy ist ein Junge aus Yam, einem Bauerndorf. Das heißt, dass die Frauen für die Landwirtschaft zuständig sind, während die Männer eher durch Jagd für das Fortbestehen sorgen. Da durch wiederholte Missernten und kältere Jahreszeiten die Lebensmittel knapp werden, muss Yam Fische aus dem nächsten Küstenort erbitten, um überleben zu können. Hardy begleitet diese Expeditionen, da sein Vater als Berater des Hauptmanns eine wichtige Position einnimmt, die Hardy einst erben wird.

Und das geschieht schneller, als es Hardy recht sein kann und dann ist da noch dieses Fischermädchen ...

 

Die grundlegenden Konflikte wirken zunächst recht banal und etwas arg konstruiert. Je mehr Coney jedoch in das Wesen dieser Konflikte eindringt und ihre ganz speziellen Stilk-Aspekte aufzeigt, wird das Bild dichter und hintergründiger. Er erweitert seine Welt um einige sehr interessante Bereiche und rundet dadurch auch den Vorgängerroman ab. Zwar gibt es auch hier wieder Liebe, bedrohliche Situationen und den jugendlichen Helden, der über Nacht zum Manne reifen muss, aber Coney setzt die Handlungen Hardys geschickt in das Geflecht seiner Weltenschöpfung ein. Ob es der gesellschaftliche Status Quo ist oder die Besonderheiten von Stilk und Lorin, stets bringt die Handlung das Wissen des Lesers voran, lässt ihn die faszinierende Welt entdecken.

Am Ende verbinden sich nicht nur die verschiedenen Puzzleteile zu einen neuen Bild, die beiden Romane verschmelzen auch zu einer Einheit.

Fesselnde SF eines fast vergessenen Autors. Weitere Übersetzungen seines Werkes sind wünschenswert.

 

Fazit:

Vierzig Jahre trennen die beiden Teile des Doppelbandes Träume von Pallahaxi von Michael Coney. Dennoch bilden sie zusammen eine faszinierende Welt ab, in der das Leben ihrer Bewohner durch eine ganz spezielle kosmische Seltsamkeit geprägt ist. Hintergrund für zwei spannende Geschichten, die nur vordergründig Jugendabenteuer sind. Großartige SF mit exotischer Flora und Fauna, wie man sie nur selten in die Hände bekommt.

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Oje, das hat nicht geklappt, Elfenwerk! 20240328135002c86a2a2a
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Buch:

Träume von Pallahaxi

Originale: Hello Summer, Goodbye (1975) I remember Pallahaxi (2007)

Autor: Michael Coney

Übersetzer: Bernhard Kempen

Taschenbuch, 608 Seiten

Heyne, 5. Oktober 2009

Titelbild: Lee Gibbons

 

ISBN-10: 3453525434

ISBN-13: 978-3453525436

 

Erhältlich bei: Amazon


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Erstellt: 14.01.2010, zuletzt aktualisiert: 13.08.2022 14:14, 9864