Druckversion: Star Trek - Raumschiff Enterprise(DVD-Boxen 3.1 und 3.2)

Star Trek - Raumschiff Enterprise DVD-Boxen 3.1 und 3.2

Filmkritik von Achim Hiltrop

 

Der Weltraum... unendliche Weiten...

 

Die dritte Staffel der TV-Serie Raumschiff Enterprise stand unter keinem guten Stern. Eigentlich hätte nach der zweiten Staffel bereits Schluss sein sollen, wenn es nach dem Willen des Senders NBC gegangen wäre. Etliche tausend Protestbriefe von enttäuschten Fans konnten die Fernsehbosse zwar noch einmal umstimmen, doch das Ende zeichnete sich bereits ab: "Raumschiff Enterprise" wurde auf einen unpopulären Sendeplatz am späten Freitagabend verbannt, das ohnehin schon knappe Budget wurde weiterhin gekürzt, routinierte Stammregisseure sprangen ab, und Gene Roddenberry widmete seine Zeit aufgrund von atmosphärischen Störungen mit NBC immer weniger der Serie, sondern anderen Projekten. Das Ergebnis ist eine Serienstaffel von eher durchwachsener Qualität, jedoch mit einigen bemerkenswerten Episoden.

Das neue kreative Team um den Produzenten Fred Freiberger stand vor der Herausforderung, auch unter den geschilderten widrigen Rahmenbedingungen das Stammpublikum an die Serie zu binden, und setzte daher zum Teil auf bewährte Storyelemente, aber auch auf gewagte neue Einfälle. So wurde beispielsweise Kirk verheiratet (wenn auch nur vorübergehend), Mr. Scotts Paradeuniform wurde um einen Kilt bereichert – und die erste Folge, die am 20.09.1968 ausgestrahlt wurde, startete mit der haarsträubenden Geschichte, dass eine außerirdische Macht an Bord der Enterprise kam, um Spocks Gehirn zu stehlen.

 

Spocks Gehirn

 

Man hätte kaum mit einer schlechteren Folge starten können. Das Drehbuch von strotzte nur so von Logiklöchern, und die Inszenierung – allen voran der im wahrsten Sinne des Wortes hirnamputierte Spock, der von Dr. McCoy mit einer Fernbedienung wie ein Spielzeug gesteuert wurde – war unfreiwillig komisch. Der Gipfel des Unsinns wurde erreicht, als Spock dem Bordarzt schließlich bei seiner eigenen Gehirnoperation assistierte.




Dem Vernehmen nach war das Drehbuch zu "Spocks Gehirn" mehrmals radikal umgeschrieben worden und hätte in einem früheren Entwurf ursprünglich eine Episode mit starkem Comedy-Touch (wie z. B. Kennen Sie Tribbles?) werden sollen. Irgendwo ging dieser Gedanke wohl unterwegs verloren, und so kam eine Folge dabei heraus, die auf ganzer Linie enttäuscht.

 

Rassismus

 

Intoleranz und Rassismus sind wiederkehrende Themen in "Raumschiff Enterprise". Gene Roddenberry, der Schöpfer der Serie, träumte von einer Zukunft, in der die Zugehörigkeit zu einer Rasse, einer Religion oder einem Geschlecht nicht mehr wichtig sein sollte. Wie fern diese Vision im Amerika der 60er Jahre noch war, wurde beim Dreh der Folge Platons Stiefkinder deutlich. Das Script sah vor, dass sich Captain Kirk und Lieutenant Uhura unter dem Einfluss telekinetisch begabter Aliens küssen sollten – auf dem Papier nichts weiter als ein harmloser Schmatzer, doch im Studio wurde allen Beteiligten plötzlich klar, wie brisant die Szene war. Wenige Monate nach dem Mord an dem Bürgerrechtler Martin Luther King gab es noch immer in Teilen der USA eine gewaltige Kluft zwischen Schwarz und Weiß, und so waren die Verantwortlichen bei NBC besorgt, wie ein Kuss zwischen einem Weißen und einer Farbigen insbesondere bei den Zuschauern im Süden des Landes ankommen würde. Nichelle Nichols, die Darstellerin der Uhura, berichtet in einem Interview im Bonusmaterial der DVD von der Ratlosigkeit unter den Entscheidungsträgern, wie mit der Situation umzugehen sei. Letztlich wurden mehrere Versionen der Szene gedreht – mal mit, mal ohne Kuss – wobei es wohl William Shatner zu verdanken ist, dass die einzig brauchbare Aufnahme die ist, in der sich die beiden küssen. Letztendlich war die Angst der Produzenten unbegründet, der befürchtete öffentliche Aufruhr blieb aus, und "Platons Stiefkinder" ging mit dem ersten Kuss zwischen einer Farbigen und eines Weißen in einer Fernsehserie in die TV-Geschichte ein.

 


Thematisiert wird Rassismus unter anderem auch in der Folge Brautschiff Enterprise, vor allem aber in der einfach gemachten, aber bemerkenswerten Folge Bele jagt Lokai. Hier liest die Enterprise nacheinander zwei Außerirdische namens Bele und Lokai auf, die einander auf den ersten Blick völlig gleichen – eine Körperhälfte schneeweiß, die andere pechschwarz – und die von einem tief verwurzelten Hass aufeinander angetrieben werden. Lokai wird von Bele dem seit Jahrtausenden quer durch die Galaxis verfolgt. Nach und nach kommt heraus, dass Lokai ein Angehöriger eines unterdrückten und versklavten Volkes ist, welches sich nur dadurch von der "Herrenrasse" (welcher Bele angehört) unterscheidet, dass die schwarze und die weiße Körperhälfte spiegelbildlich vertauscht ist. Am Ende der Episode findet die Enterprise-Besatzung heraus, dass der Heimatplanet der beiden Streithähne von endlosen Bürgerkriegen verödet und entvölkert ist, was Bele und Lokai aber nicht daran hindert, ihren Streit bis zum bitteren Ende auszutragen. Versöhnung kommt für sie nicht in Frage.

Mit simplen Mitteln wird hier anschaulich verdeutlicht, wie albern und oberflächlich Vorurteile aufgrund unterschiedlicher Hautfarbe sind, und wohin Rassenhass in letzter Konsequenz führen kann. Gespielt wurde Bele von einem der wenigen prominenten Gaststars in der dritten Staffel: Frank Gorshin, bekannt als Ganove Riddler aus der in 60er Jahren enorm populären Batman-Fernsehserie. Mit Lee Meriwether (Catwoman im Film Batman hält die Welt in Atem) sind somit gleich zwei "Batman"-Veteranen in dieser "Star Trek"-Staffel vertreten.



Unsterblichkeit

 

Ein weiteres Motiv, das in der dritten Staffel mehrmals Verwendung findet, ist die Unsterblichkeit. In Fast unsterblich sind die Bewohner des Planeten Gideon sehr langlebig, und da Geburtenkontrolle aus religiösen Gründen abgelehnt wird, hat dies zu einer akuten Überbevölkerung geführt hat. In ihrer Verzweiflung ist die Regierung von Gideon bereit, ihre Bevölkerung mit einer tödlichen Krankheit zu infizieren, um das Problem in den Griff zu bekommen.

Einen anderen Aspekt der Unsterblichkeit zeigt die Folge Requiem für Methusalem auf. Hier trifft die Crew der Enterprise auf einem abgelegenen Planeten den Eremiten Flint, der schon vor Jahrtausenden auf der Erde lebte, unter anderem in Person von Leonardo da Vinci und Johannes Brahms. In gewisser Weise erinnert Flint in seinem Refugium an einen anderen berühmten Unsterblichen: Connor McLeod aus den Highlander-Filmen.

In der ursprünglichen Fassung dieser Folge wurde für Flints Haus das Standbild des Schlosses von Rigel IV wiederverwertet, das schon in der verworfenen Pilotepisode Der Käfig und der Doppelfolge Talos IV – Tabu zu sehen war. Bei der digital überarbeiteten Fassung hat man Flint nun ein neues Zuhause spendiert, das eine gewisse Ähnlichkeit mit den romantischen Palästen einer anderen erfolgreichen SF-Franchise aufweist:



Digitale Überarbeitung

 

Neben einer neuen Darstellung der Tricorderanzeigen (beispielsweise in "Platons Stiefkinder") und überarbeiteten Landschaften wurden auch in dieser Staffel wieder hauptsächlich die Szenen, die im Weltraum bzw. im Orbit um einen Planeten spielen, durch neue Aufnahmen ersetzt. Nicht nur die Enterprise erstrahlt im neuen Glanz, auch die Shuttles bewegen sich jetzt viel realistischer. Die Waffensysteme des Schiffes – allen voran die Torpedos – wurden ebenfalls digital aufpoliert.



Auch die gegnerischen Raumschiffe hat man einer Generalüberholung unterzogen. Die klingonischen Schlachtschiffe haben jetzt deutlich mehr Ähnlichkeit mit ihren Gegenstücken aus den späteren Kinofilmen (leider hat man die Gelegenheit nicht genutzt, mit ihren Besatzungsmitgliedern ebenso zu verfahren), und das Energiegitter der Tholianer (in "Das Spinnennetz") wirkt nun echter und bedrohlicher als zuvor.



Wie schon erwähnt verfügte die dritte Staffel über das mit Abstand kleinste Budget pro Folge. Außendrehs kamen so gut wie gar nicht mehr vor, stattdessen entstanden die meisten Szenen, die auf fremden Planeten spielen sollten, auf der Studiobühne. Darunter litten insbesondere Episoden, die eigentlich auf beeindruckende visuelle Effekte angewiesen gewesen wären, um ihre volle Wirkung zu entfalten, wie zum Beispiel Die Wolkenstadt. Auch hier hat man nun ein wenig nachgeholfen, um eben jene Stadt detaillierter und plastischer erscheinen zu lassen:



Bonusmaterial

 

Das Bonusmaterial in der dritten Staffel besteht neben Interviews mit den Stars der Serie wieder hauptsächlich aus Super-8-Aufnahmen aus dem Privatarchiv des Komparsen Billy Blackburn und den Originaltrailern zu jeder Folge. Als krönenden Abschluss enthält die letzte Disc noch den ursprünglichen Pilotfilm "Der Käfig" in einer "Extended Version" mit einer Einleitung von Gene Roddenberry

 

Gesamteindruck

 

Auch die dritte Staffel von "Raumschiff Enterprise" bietet wieder – von einigen Ausrutschern abgesehen – wieder viele Stunden solide Weltraumabenteuer. Der deutsche Ton liegt leider nur in Mono vor, zudem wechseln in vielen Folgen mehrmals die Sprecher; der Grund hierfür ist aber in der Tatsache zu sehen, dass bei der ursprünglichen TV-Ausstrahlung einige Kürzungen vorgenommen worden waren, die man nun für die DVD-Veröffentlichung nachsynchronisieren musste. Die Bildqualität ist angesichts des Alters des Filmmaterials recht gut, die Farben sind satt und die Kontraste klar, lediglich in einigen Szenen ist ein gewisses Bildrauschen nicht zu vermeiden. Insgesamt stellen diese beiden Boxen einen würdigen Abschluss der überarbeiteten Serie dar, die in dieser Version in jede gut sortierte DVD-Sammlung gehört.


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Oje, das hat nicht geklappt, Elfenwerk! 202404200700231cce2a76

DVD:

Star Trek – Raumschiff Enterprise, Season 3.1

USA 1967/1968

Paramount, 04.06.2009

Laufzeit ca. 778 Minuten

16 Episoden auf 4 DVDs

FSK 12

 

ASIN: B001Y3S03Q

 

Erhältlich bei: Amazon



Star Trek – Raumschiff Enterprise, Season 2.2

Paramount, 04.06.2009

Laufzeit ca. 523 Minuten

8 Episoden auf 3 DVDs

FSK 12

 

ASIN: B001Y3S04A

 

Erhältlich bei: Amazon

 

Darsteller:

William Shatner

Leonard Nimoy

DeForest Kelley

James Doohan

Nichelle Nichols

George Takei

Walter Koenig

, zuletzt aktualisiert: 07.02.2024 17:01