taverne:kurzgeschichten:das_glück_saramees
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taverne:kurzgeschichten:das_glück_saramees [27.04.2012 12:11] – lapismont | taverne:kurzgeschichten:das_glück_saramees [25.06.2014 15:35] – [Das Glück Saramees] lapismont | ||
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====== Das Glück Saramees ====== | ====== Das Glück Saramees ====== | ||
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+ | ===== Inhalt ===== | ||
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+ | Mel versprach seinem Vater auf dem Totenbett, in Saramee sein Glück zu finden. Doch dort findet er etwas ganz anderes … | ||
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+ | ===== Protagonisten ===== | ||
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+ | ==== eBook ==== | ||
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+ | ===== Das Glück Saramees ===== | ||
»**I**n [[schauplätze: | »**I**n [[schauplätze: | ||
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Kapitän [[personen: | Kapitän [[personen: | ||
- | »Dies ist das wahre Leben, Junge!«, lachte er. »Du hast Dein Schicksal selbst in der Hand. Nur Du und die See!« | + | »Dies ist das wahre Leben, Junge!«, lachte er. »Hier |
»Ich versuche mein Glück lieber mit festem Boden unter den Füßen«, erwiderte ich. | »Ich versuche mein Glück lieber mit festem Boden unter den Füßen«, erwiderte ich. | ||
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Ich folgte der Richtung seines Armes und kniff die Augen zusammen. Saramee. Endlich. | Ich folgte der Richtung seines Armes und kniff die Augen zusammen. Saramee. Endlich. | ||
- | »Jeder macht sein Glück in Saramee«, hörte ich wiedermal die Worte meines Vaters. | + | »Jeder macht sein Glück in Saramee, Mel!«, hörte ich wiedermal die Worte meines Vaters. |
Schon die Einfahrt in Saramees gewaltigen Hafen raubte mir den Atem. Kriegsschiffe, | Schon die Einfahrt in Saramees gewaltigen Hafen raubte mir den Atem. Kriegsschiffe, | ||
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Die breiten Straßen und die schmalen Gassen versetzen mich in bloßes Staunen. Niemals im Leben habe ich so viel Geschäftigkeit, | Die breiten Straßen und die schmalen Gassen versetzen mich in bloßes Staunen. Niemals im Leben habe ich so viel Geschäftigkeit, | ||
- | Hatte mich die Stadt noch durch ihre Schönheit in ihren Bann gezogen, so stieß mich der Laden durch seine Hässlichkeit ab. Eine kleine Kaschemme, vielmehr war es nicht. Der Schankraum ein einziges Halbdunkel aus dicken Holzpfeilern und verhangenen Fenstern. Es stank nach einer wilden Mischung aus Bier und Pisse, unmöglich zu sagen, was genau in den einzelnen Krügen verdunstete. Rußige Fettlampen tauchten den Raum in schwummriges Licht, das beinah so schmierig wirkte wie der Rest dieser Schänke.\\ | + | Hatte mich die Stadt noch durch ihre Schönheit in ihren Bann gezogen, so stieß mich der Laden durch seine Hässlichkeit ab. Eine kleine Kaschemme, vielmehr war es nicht. Der Schankraum ein einziges Halbdunkel aus dicken Holzpfeilern und verhangenen Fenstern. Es stank nach einer wilden Mischung aus Bier und Pisse, unmöglich zu sagen, was genau in den einzelnen Krügen verdunstete. Rußige Fettlampen tauchten den Raum in schwummriges Licht, das beinah so schmierig wirkte wie der Rest dieser Schänke. |
- | Die Hälfte der Anwesenden – Gäste wäre eine Übertreibung – klammerten | + | |
- | Das Bild der Yolanta durchzuckte mich und seltsamerweise wünschte ich mich zurück an jenen Ort, wo Rejan mir ein wildes Grinsen schenkte und das Leben ein einziges Abenteuer schien.\\ | + | Die Hälfte der Anwesenden – Gäste wäre eine Übertreibung – klammerte |
- | »Bestell’ was, oder verschwinde«, | + | |
- | Draußen prasselte der Regen auf die Pflastersteine und die Luft des engen Raumes wurde von Minute zu Minute feuchter.\\ | + | Das Bild der Yolanta durchzuckte mich und seltsamerweise wünschte ich mich zurück an jenen Ort, wo Rejan mir ein wildes Grinsen schenkte und das Leben ein einziges Abenteuer schien. |
- | Ich wollte mich gerade zum Gehen umwenden, als mein Magen mich lautstark zum Bleiben überredete. Vorsichtig wankte ich zur Theke – einer langen Schiffsplanke, | + | |
- | »Also, was willst’e?«, brummte mir der Wirt ein wenig freundlicher entgegen.\\ | + | »Bestell was, oder verschwinde«, |
- | »Essen«, sagte ich knapp, denn meine Aufmerksamkeit wurde von einer fetten Schabe angezogen, die gemütlich über die Theke spazierte.\\ | + | |
- | »Bist nich’ von hier, was?«, fragte der Mann und musterte mich aus seinen keinen Schweinsäuglein.\\ | + | Draußen prasselte der Regen auf die Pflastersteine und die Luft des engen Raumes wurde von Minute zu Minute feuchter. |
- | »Nein«, antwortete ich geistesabwesend.\\ | + | |
- | »Macht zwei Cil.«\\ | + | Ich wollte mich gerade zum Gehen umwenden, als mein Magen mich lautstark zum Bleiben überredete. Vorsichtig wankte ich zur Theke – einer langen Schiffsplanke, |
- | Erst jetzt wurde mir mein Fehler bewusst, aber es spielte keine Rolle, denn er wollte das Geld im Voraus sehen. Geld, das ich nicht besaß.\\ | + | |
- | »Bist’n Bettler?«\\ | + | »Also, was willste?«, brummte mir der Wirt ein wenig freundlicher entgegen. |
- | »Nein«, erwiderte ich bestimmt. »Ich bin bloß etwas knapp bei Kasse. Hier wird nicht zufällig ein Kammerjäger gesucht?«\\ | + | |
- | Sein Gesichtsausdruck | + | »Essen«, sagte ich knapp, denn meine Aufmerksamkeit wurde von einer fetten Schabe angezogen, die gemütlich über die Theke spazierte. |
- | Einige der Gäste blickten kurz über die Ränder ihrer Krüge zu uns herüber, rührten sich aber nicht. Dennoch, mich beschlich ein beklemmendes Gefühl, als würden die dreckigen Wände noch enger zusammenrücken. Der prasselnde Regen schien mir auf einmal sehr einladend.\\ | + | |
- | »Jeder findet sein Glück in Saramee«, hallten die Worte meines Vaters erneut in meinen Ohren, doch es klang vielmehr wie ein Hohngelächter. Erst einen Tag hatte ich in der Stadt verbracht. Ich war bis auf die Knochen durchnässt, | + | »Bist nich von hier, was?«, fragte der Mann und musterte mich aus seinen keinen Schweinsäuglein. |
- | In einer engen Seitengasse erblickte ich einen Stapel mit zersplitterten Brettern und löchrigen Kisten. Sollte dies meine erste Schlafstätte in einer Stadt werden, die ich als das Paradies wähnte?\\ | + | |
- | »Ich hatte es mir einfacher vorgestellt«, | + | »Nein«, antwortete ich geistesabwesend. |
- | »Ah, der Glanz der Träume«, sagte eine tiefe Stimme. Ich zuckte zusammen und sprang einen Satz nach vorn. Unbemerkt hatte sich jemand an mich herangeschlichen. Ein langer Mantel umhüllte den Mann und eine große Kapuze, die sein Gesicht verdeckte, schützte ihn zusätzlich vor dem Regen, der in langen Bindfäden vom Himmel fiel. In kleinen Rinnsalen bahnte er sich einen Weg über den gewachsten Mantel des Fremden, kristallinen Adern gleich, die über der Haut verliefen. »Verzeihung, | + | |
- | »Ja ... nein ... es macht nichts«, stammelte ich vor mich hin.\\ | + | »Macht zwei [[schauplätze: |
- | »Ich wurde auf deine Misere aufmerksam, junger Freund.« Die Vertrautheit, | + | |
- | Ich musterte ihn stirnrunzelnd und schwieg.\\ | + | Erst jetzt wurde mir mein Fehler bewusst, aber es spielte keine Rolle, denn er wollte das Geld im Voraus sehen. Geld, das ich nicht besaß. |
- | »Ich war einst genau wie du«, fuhr der Fremde ungerührt fort. »Jung, fremd und völlig mittellos in Saramee gestrandet. Und dein jämmerlicher Anblick hat mich wieder daran erinnert.« Er deutete auf die Seitengasse: | + | |
- | »Ja.«\\ | + | »Bist’n Bettler?« |
- | »Wäre nichtmal die schlechteste Wahl gewesen ... vorausgesetzt, | + | |
- | »Ah, verzeih, ich kam ins Reden. Warte! Ich kann und will dir helfen«, beginnt er von Neuem. »Sieh, meine Zeit ist knapp bemessen. Ich bin ein Bote im Dienste des Stadtmeisters. Und er gab mir zwei Bündel, die ich ausliefern muss. Für den Lohn von zehn Bai.«\\ | + | »Nein«, erwiderte ich bestimmt. »Ich bin bloß etwas knapp bei Kasse. Hier wird nicht zufällig ein Kammerjäger gesucht?« |
- | »Das freut mich für Euch«, erwiderte ich und wandte mich zum Gehen, doch er hielt mich zurück.\\ | + | |
- | »Nun, heute Abend habe ich aber die Möglichkeit ein gar wundervolles Mädchen zu treffen, deren Blüte sich gerade erst geöffnet hat. Wenn ich beide Bündel ausliefern muss, werde ich es aber nicht schaffen.«\\ | + | Sein Gesichtsausdruck |
- | »Das klingt nach einem harten Schicksal.« Ich bemühte mich um einen abweisenden Ton, doch er fuhr ungerührt fort: »Wenn du mir ein Bündel abnehmen würdest, könnte ich mein Mädchen sehen. Und wir würden den Lohn gerecht teilen, immerhin haben wir beide etwas davon.«\\ | + | |
- | »Und wer garantiert Euch, dass ich mich nicht mit dem Geld davonmache? | + | Einige der Gäste blickten kurz über die Ränder ihrer Krüge zu uns herüber, rührten sich aber nicht. Dennoch, mich beschlich ein beklemmendes Gefühl, als würden die dreckigen Wände noch enger zusammenrücken. Der prasselnde Regen schien mir auf einmal sehr einladend. |
- | »Natürlich bräuchte ich eine Art Pfand von dir«, lachte er zurück. »Etwas, bei dem ich sicher gehen kann, dass es von großem Wert für dich ist.«\\ | + | |
- | »Ich habe nur diesen alten Kompass«, sagte ich und förderte ihn aus meiner Tasche. Eine kleine silberne Dose, in der ein Lilienförmiger | + | »Jeder findet sein Glück in Saramee«, hallten die Worte meines Vaters erneut in meinen Ohren, doch es klang vielmehr wie ein Hohngelächter. Erst einen Tag hatte ich in der Stadt verbracht. Ich war bis auf die Knochen durchnässt, |
- | »Das klingt genau richtig!«, sagte der Fremde freudig.\\ | + | |
- | Ich zögerte noch einen Moment. Ich kannte den Mann kaum, sollte ich ihm tatsächlich meinen wertvollsten Schatz anvertrauen? | + | In einer engen Seitengasse erblickte ich einen Stapel mit zersplitterten Brettern und löchrigen Kisten. Sollte dies meine erste Schlafstätte in einer Stadt werden, die ich als das Paradies wähnte? |
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+ | »Ich hatte es mir einfacher vorgestellt«, | ||
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+ | »Ah, der Glanz der Träume«, sagte eine tiefe Stimme. Ich zuckte zusammen und sprang einen Satz nach vorn. Unbemerkt hatte sich jemand an mich herangeschlichen. Ein langer Mantel umhüllte den Mann und eine große Kapuze, die sein Gesicht verdeckte, schützte ihn zusätzlich vor dem Regen, der in langen Bindfäden vom Himmel fiel. In kleinen Rinnsalen bahnte er sich einen Weg über den gewachsten Mantel des Fremden, kristallinen Adern gleich, die über der Haut verliefen. »Verzeihung, | ||
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+ | »Das klingt nach einem harten Schicksal.« Ich bemühte mich um einen abweisenden Ton, doch er fuhr ungerührt fort: »Wenn du mir ein Bündel abnehmen würdest, könnte ich mein Mädchen sehen. Und wir würden den Lohn gerecht teilen, immerhin haben wir beide etwas davon.« | ||
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+ | »Und wer garantiert Euch, dass ich mich nicht mit dem Geld davonmache? | ||
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+ | »Natürlich bräuchte ich eine Art Pfand von Dir«, lachte er zurück. »Etwas, bei dem ich sicher gehen kann, dass es von großem Wert für Dich ist.« | ||
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+ | »Das klingt genau richtig!«, sagte der Fremde freudig. | ||
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+ | Ich zögerte noch einen Moment. Ich kannte den Mann kaum, sollte ich ihm tatsächlich meinen wertvollsten Schatz anvertrauen? | ||
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+ | »Einverstanden.« | ||
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- | »Gut, gut«, unterbricht mich der Richter. »Was geschah dann?«\\ | + | »Gut, gut«, unterbricht mich der Richter. »Was geschah dann?« |
- | Ich versuche mich gerade aufzurichten, | + | |
- | »Und Ihr hattet nicht einen Moment Zweifel an der Aufrichtigkeit dieses Fremden?«, unterbricht mich der Richter. »Nein«, antworte ich beschämt. »Ich war einfach nur überwältigt von seiner Freundlichkeit und dem Vertrauen, das er einem völlig Fremden entgegenbrachte.«\\ | + | Ich versuche mich gerade aufzurichten, |
- | Ein kehliges Lachen stiehlt sich aus dem Mund des Richters, das er mit einem vorgetäuschten Husten überspielen will. »Nun gut, Euer Geisteszustand steht hier nicht zur Verhandlung. Also, was geschah dann?«\\ | + | |
- | »Am Hafen wurde ich bereits von den Männern der Stadtwache erwartet«, berichte ich. »Die nahmen mich wegen Verdacht | + | »Und Ihr hattet nicht einen Moment Zweifel an der Aufrichtigkeit dieses Fremden?«, unterbricht mich der Richter. |
- | »Was ja auch zweifelsfrei bewiesen ist«, hakt der Richter ein. »In dem Bündel befanden sich gefälschte Zolldokumente, | + | |
- | »Das wusste ich aber nicht«, versuche ich zu erklären, doch der Richter wedelt nur aufgeregt mit der Hand.\\ | + | »Nein«, antworte ich beschämt. »Ich war einfach nur überwältigt von seiner Freundlichkeit und dem Vertrauen, das er einem völlig Fremden entgegenbrachte.« |
- | »Wenn ich diese Ausrede immer glauben würde, wären unsere Gesetze allesamt unnötig!«\\ | + | |
- | »Aber Ihr müsst mir glauben! Ich war erst an jenem Morgen in Saramee angekommen, ohne Geld oder Arbeit...«\\ | + | Ein kehliges Lachen stiehlt sich aus dem Mund des Richters, das er mit einem vorgetäuschten Husten überspielen will. »Nun gut, Euer Geisteszustand steht hier nicht zur Verhandlung. Also, was geschah dann?« |
- | »Das ist ein ganz anderes Problem, dazu kommen wir noch!«, unterbricht mich der Richter schon wieder.\\ | + | |
- | Ich spüre wie die Verzweiflung meine Füße umklammert, anwächst und mir langsam, eiskalt den Rücken empor kriecht. Man glaubt mir nicht – besser noch, man interessiert sich nicht für mich. Saramee ist gewaltig, riesig, ein schillernder Stern am Nachthimmel und ein sumpfiger Morast zugleich, begreife ich.\\ | + | »Am Hafen wurde ich bereits von den Männern der [[organisationen: |
- | Die Stimme des Richters reißt mich in die Gegenwart zurück: »Ich bekenne Euch schuldig dem Schmuggel Vorschub leisten zu wollen. Ihr seid kein Bürger Saramees. Ich kann nicht feststellen, | + | |
- | »Nein«, sage ich und versuche dem Richter in die Augen zu blicken. »Ich habe die Dokumente auch nicht gekauft.«\\ | + | »Was ja auch zweifelsfrei bewiesen ist«, hakt der Richter ein. »In dem Bündel befanden sich gefälschte Zolldokumente, |
- | »Ach, habt Ihr nicht? Und was ist mit diesem alten Kompass?«, erklärt der Richter. »Wer auch immer Euch dies Bündel gab, er hat sicherlich ein gutes Geschäft mit ihm gemacht.«\\ | + | |
- | »Aber kann man dann nicht herausfinden, | + | »Das wusste ich aber nicht«, versuche ich zu erklären, doch der Richter wedelt nur aufgeregt mit der Hand. »Wenn ich diese Ausrede immer glauben würde, wären unsere Gesetze allesamt unnötig!« |
- | Wieder dieses kehlige Lachen: »Wie? Aufgrund eines anonymen Hinweises? Oder weil er den Kompass unter der Hand an einen Sammler verkauft? Der Aufwand wäre einfach ungerechtfertigt.« Er macht eine lange Pause und schüttelt langsam den Kopf. »Und all das für einen Mann, der mittellos hier hausen würde? Einen Mann, den ich vermutlich zweimal pro Woche vor mir hätte, weil er beim Betteln aufgegriffen wurde? Ich spreche Euch schuldig. Und zur Strafe werdet Ihr als Sklave verkauft, auf ein Schiff oder an einen Händler, das ist mir gleichgültig. Auf diese Weise könnt Ihr der Stadt noch einen Dienst tun und etwas von den Kosten, die dieser ganze Prozess verursacht begleichen.«\\ | + | |
- | Ich will protestieren, | + | »Aber Ihr müsst mir glauben! Ich war erst an jenem Morgen in Saramee angekommen, ohne Geld oder Arbeit ...« |
- | »Den nehm’ ich«, ertönt eine vertraute Stimme und mein Herz macht – gegen meinen Willen – einen freudigen Sprung.\\ | + | |
- | »Zwölf Bai«, sagt einer der Wachmänner.\\ | + | »Das ist ein ganz anderes Problem, dazu kommen wir noch!«, unterbricht mich der Richter schon wieder. |
- | Ich werde aus dem Karren gezogen und vor dem Mann auf den Boden gestoßen. Man drückt ihm das Ende der um meinen Hals geschlungenen Kette in die Hand. »Gehen wir.«\\ | + | |
- | Ich folge mit gesenktem Blick, fühle mich aber so glücklich, wie schon lange Zeit nicht mehr.\\ | + | Ich spüre wie die Verzweiflung meine Füße umklammert, anwächst und mir langsam, eiskalt den Rücken empor kriecht. Man glaubt mir nicht – besser noch, man interessiert sich nicht für mich. Saramee ist gewaltig, riesig, ein schillernder Stern am Nachthimmel und ein sumpfiger Morast zugleich, begreife ich. |
- | An Bord des Schiffes nimmt er mir die Kette ab und bedenkt mich mit jenem unverwüstlichen Lachen, das mir seit meiner Ankunft in Saramee nicht mehr aus dem Kopf ging. »Du bist ganz schön auf die Schnauze gefallen, was, Junge?«\\ | + | |
- | Ich kann Rejan nicht in die Augen blicken, bringe aber ein Nicken zustande.\\ | + | Die Stimme des Richters reißt mich in die Gegenwart zurück: »Ich bekenne Euch schuldig, dem Schmuggel Vorschub leisten zu wollen. Ihr seid kein Bürger Saramees. Ich kann nicht feststellen, |
- | »Fein. Von heute an arbeitest | + | |
- | »In Saramee kann jeder sein Glück finden«, pflegte mein Vater stets zu sagen. Lange Zeit habe ich ihm nicht geglaubt. Vier Monate fahre ich nun unter Kapitän Rejan zur See.\\ | + | »Nein«, sage ich und versuche dem Richter in die Augen zu blicken. »Ich habe die Dokumente auch nicht gekauft.« |
- | Ich stehe vorn hinter der Bugspitze. Wasser und Gischt peitschen mir ins Gesicht, rauben mir den Atem.\\ | + | |
- | Rejan steht am Steuerrad und lacht dem Sturm verächtlich entgegen. Ich fühle mich frei.\\ | + | »Ach, habt Ihr nicht? Und was ist mit diesem alten Kompass?«, erklärt der Richter. »Wer auch immer Euch dies Bündel gab, er hat sicherlich ein gutes Geschäft mit ihm gemacht.« |
- | Und glücklich.\\ | + | |
- | Der mächtige Bug der Yolanta zertrümmert die Wellen in seinem Weg und wir trotzen dem Sturm.\\ | + | »Aber kann man dann nicht herausfinden, |
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+ | Wieder dieses kehlige Lachen: »Wie? Aufgrund eines anonymen Hinweises? Oder weil er den Kompass unter der Hand an einen Sammler verkauft? Der Aufwand wäre einfach ungerechtfertigt.« Er macht eine lange Pause und schüttelt langsam den Kopf. »Und all das für einen Mann, der mittellos hier hausen würde? Einen Mann, den ich vermutlich zweimal pro Woche vor mir hätte, weil er beim Betteln aufgegriffen wurde? Ich spreche Euch schuldig. Und zur Strafe werdet Ihr als Sklave verkauft, auf ein Schiff oder an einen Händler, das ist mir gleichgültig. Auf diese Weise könnt Ihr der Stadt noch einen Dienst tun und etwas von den Kosten, die dieser ganze Prozess verursacht, begleichen.« | ||
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+ | Ich will protestieren, | ||
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+ | »Den nehm ich«, ertönt eine vertraute Stimme und mein Herz macht – gegen meinen Willen – einen freudigen Sprung. | ||
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+ | »Zwölf Bai«, sagt einer der Wachmänner. | ||
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+ | Ich werde aus dem Karren gezogen und vor dem Mann auf den Boden gestoßen. Man drückt ihm das Ende der um meinen Hals geschlungenen Kette in die Hand. »Gehen wir.« | ||
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+ | Ich folge mit gesenktem Blick, fühle mich aber so glücklich, wie schon lange Zeit nicht mehr. | ||
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+ | An Bord des Schiffes nimmt er mir die Kette ab und bedenkt mich mit jenem unverwüstlichen Lachen, das mir seit meiner Ankunft in Saramee nicht mehr aus dem Kopf ging. »Du bist ganz schön auf die Schnauze gefallen, was, Junge?« | ||
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+ | Ich kann Rejan nicht in die Augen blicken, bringe aber ein Nicken zustande. | ||
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+ | »Fein. Von heute an arbeitest | ||
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+ | »In Saramee kann jeder sein Glück finden«, pflegte mein Vater stets zu sagen. Lange Zeit habe ich ihm nicht geglaubt. Vier Monate fahre ich nun unter Kapitän Rejan zur See. | ||
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+ | Ich stehe vorn hinter der Bugspitze. Wasser und Gischt peitschen mir ins Gesicht, rauben mir den Atem. | ||
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+ | Rejan steht am Steuerrad und lacht dem Sturm verächtlich entgegen. Ich fühle mich frei. | ||
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+ | Und glücklich. | ||
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+ | Der mächtige Bug der Yolanta zertrümmert die Wellen in seinem Weg und wir trotzen dem Sturm. | ||
»Danke, Saramee«, flüstere ich aufs Meer hinaus, »dass du mir gezeigt hast, woran mein Herz hängt.« | »Danke, Saramee«, flüstere ich aufs Meer hinaus, »dass du mir gezeigt hast, woran mein Herz hängt.« | ||
**- ENDE -** | **- ENDE -** |
taverne/kurzgeschichten/das_glück_saramees.txt · Zuletzt geändert: 05.03.2016 21:14 von 127.0.0.1