Druckversion: Interview: Uschi Zietsch

Interview mit Uschi Zietsch

Redakteur: Ralf Steinberg

 

Uschi Zietsch dürfte den meisten unter ihrem Pseudonym Susan Schwartz ein Begriff sein. Wir befragten die liebenswerte Autorin und Herausgeberin über ihre Projekte und erfuhren unter anderem von einer ganz besonderen Geheimgesellschaft. Doch lest selbst!

 

Fantasyguide: Hallo Uschi, Du kannst auf eine große Anzahl von Veröffentlichungen zurückblicken und bist mit dem Fabylon-Verlag auch verlegerisch tätig. Was gibt es über Dich noch zu erfahren, das unsere Leser unbedingt wissen sollten?

 

Uschi Zietsch: Privat oder beruflich?

Also gut, fangen wir beruflich an: Seit zwei Jahren leite ich im Hinblick auf die Autorenförderung, der sich der Fabylon-Verlag unter anderem verschrieben hat, Schreibwerkstätten in Deutschland und Österreich, und das macht sehr viel Spaß. Ich lerne selbst noch jede Menge dabei und bin natürlich sehr stolz, wenn Teilnehmer Erfolge verzeichnen können. Diese Seminare sind sehr motivierend - für Teilnehmer wie Referentin gleichermaßen, und ich wünsche mir, dass sie noch lange Bestand haben werden.

 

Privat: Äh ... na gut. Dass ich gern esse, sieht man mir an, und meine Liebe zum Bier ist auch kein Geheimnis. Ich verreise sehr gern, was allerdings durch unseren Umzug vor zwei Jahren auf unseren kleinen Hof im Unterallgäu momentan nicht möglich ist, aber das macht uns nichts aus, denn wir sind glücklich mit unserer verrückten Tierschar und der Idylle. Man kann sagen, dass ich hauptsächlich zurückgezogen lebe. Das benutze ich gern als Ausrede, wenn irgendjemand feststellt, dass ich ein bisschen viel rede. Mein Freund und Kollege Michael Marcus Thurner meinte gerade auf der Buchmesse 2006 bei einem gemeinsamen Essen: "Also, ich kann nur feststellen, jedesmal, wenn ich dich sehe, bist du heiser." Ich bin sicher, das liegt nur an der schlechten Luft auf Messen und Cons.

Ich interessiere mich sehr für alles Zwischenmenschliche (und -tierische), für Verhalten, für Kulturen, Geschichte und vergammelte alte Steine, die in sumpfigen Landschaften herumstehen. Und natürlich für all die mysteriösen Geheimnisse dieser Welt.

 

Fantasyguide: Sieht man Dich irgendwo, auf Conventions oder Presseterminen, strahlst Du unbändige Freude und Lebenskraft aus. Bist Du diese bayrische Frohnatur oder in Wirklichkeit ganz etwas anderes?

 

Uschi Zietsch: Im Alter von 3 Jahren hatte ich einen sehr schweren Unfall, und da besuchte Gevatter TOD mich zum ersten Mal und schlug mir vor, mit ihm eine Runde Pokern zu gehen. Da ich noch keine Zahlen lesen konnte, lehnte ich ab. TOD war ein bisschen beleidigt und versuchte es aufgrund der Nachwirkungen jenes Unfalls noch ein paar Mal in den nächsten Jahren, aber ich hatte jedesmal anderes und wichtigeres zu tun (ich kann nämlich nicht pokern). Als ich ihm vor ein paar Jahren sagte, dass ich vorhabe, 130 Jahre alt zu werden, verzog er sich grummelnd, und ich hoffe, dass er sich auch weiterhin von mir fernhält (derzeit stehen die Chancen recht gut), bis ich dazu bereit bin, in die Runde einzusteigen (wenn ich ein Pokerface gelernt habe und sicher sein kann, dass ich endlich mal nicht verlieren werde).

Kurz gesagt: Das Leben ist viel zu schön, um schlechte Laune zu haben. Aus jeder Prüfung gehen wir gestärkt hervor. Und jeder von uns hat sein Päckchen zu tragen, aber die Entscheidung, wie jeder damit umgeht, liegt ganz allein bei ihm selbst. Ich habe mich für unerschütterlichen Optimismus entschieden, und dafür, die Verantwortung über mich ganz allein zu übernehmen.

 

Fantasyguide: Wie hast Du damals Sternwolke und Eiszauber bei Heyne untergebracht und wie hast Du die großen Verlage in den 80gern erlebt hat?

 

Uschi Zietsch: Sternwolke und Eiszauber hatte ich bei etwa zehn Verlagen angeboten und neun Absagen bekommen, aber jedesmal mit großem Bedauern. Alle schrieben, dass sie das Buch toll fanden, aber aus verschiedenen Gründen nicht verlegen konnten. Bei Heyne war es das Glück, dass ein Programmplatz in 1986 frei war, und so erhielt ich die Zusage Weihnachten 1984. Ein tolles Weihnachtsgeschenk, gell?

Ich bin 1978 zum ersten Mal mit einem dicken Manuskript an alle Verlage herangetreten, die Fantasy verlegten. Sie waren sofort alle von meinem Talent überzeugt (nicht aber vom Werk, was aber völlig verständlich ist; sie fanden es gut, aber es "fehlte was", wobei keiner sagen konnte, was genau - ich nenne es heute: "Reife"), und ich wurde von einigen Redakteuren/Lektoren besucht, oder ich wurde in die Verlage eingeladen. Besonders bemüht hat sich damals Thienemanns mit der neu gegründeten Edition Weitbrecht, die unbedingt was von mir bringen wollten, aber das hat leider nie geklappt, aus völlig unterschiedlichen Gründen. Auch die Cotta-Reihe Hobbit Presse hat sich äußerst positiv z.B. über "Sternwolke" geäußert, aber das Buch hatte natürlich nicht den hohen literarischen Anspruch für die Reihe, was mir klar war - aber was soll's, mehr als eine Absage kann man nicht bekommen. Damals gab es wirklich noch so etwas wie Autorenbetreuung, und ich habe sehr viel gelernt, von kompetenten Literaturliebhabern.

ieles davon lasse ich heute in meine Schreibwerkstätten einfließen.

 

Fantasyguide: Hattest Du noch Veröffentlichungen davor?

 

Uschi Zietsch: Keine professionellen, nein.

 

Fantasyguide: Von Dir ist bekannt, dass Du großen Rückhalt in Deiner Familie findest. Sind sie auch Fans von Dir, oder lassen sie Dich da eher Dein spinnertes Zeug machen, solange es Dich nicht verhungern lässt?

 

Uschi Zietsch: *lach* Ja, das ist eine sehr gute Frage. Ich muss sagen, dass mich mein Vater immer ernst genommen hat und mein erstes 20-Seiten-Manuskript, das ich ihm mit zehn Jahren vorlegte, sehr genau lektoriert hat. Meine Mutter war da schon bodenständiger und viele Jahre der Ansicht, ich solle lieber erst mal was Vernünftiges machen. Trotzdem hat sie mich unterstützt, mir daheim mein erstes Büro eingerichtet (da war ich 12) und war zugleich fasziniert wie auch verständnislos über meine Besessenheit. Obwohl sie es nicht mit der Phantastik hat, liest sie manche meiner Geschichten sehr gern, und meine TV-Romane sowieso, weil sie sich die Serien natürlich anschaut. Über die Politsatire Wiener Roulette, die ich mit meinen Wiener Kollegen verfasste, regt sie sich allerdings furchtbar auf, weil sie ihr zu realistisch ist: "Das kann man doch mit alten Leuten nicht machen!" Meine Schwester und meine Nichte, außerdem meine Schwiegermutter, Schwägerin und Schwäger-Nichte lieben meine Geschichten. Mein bester Ehemann, den ich ja schon mit 17 Jahren kennen- und lieben lernte, war von Anfang an ein - aber nicht rosa-Brille-tragender, sondern kritischer - Fan von mir; und wenn es zeitlich passt, ist er auch mein First Reader. Er kann natürlich nicht mit allen meinen Sachen was anfangen, aber er freut sich jetzt schon sehr auf meine Fantasy-Trilogie bei Bastei-Lübbe.

 

Fantasyguide: Wer sich Deine Bibliographie anschaut findet hauptsächlich Werke aus der Phantastik. Was reizt Dich daran so und wie sehen Deine literarischen Seitensprünge aus?

 

Uschi Zietsch: Die Initialzündung für Fantasy hatte ich mit 15, 16 Jahren, bis dahin habe ich eher sehr zeitgenössische und kritische Kurzgeschichten geschrieben, die einen Teil der Schülerzeitung ausmachten, die ich mit meinem damaligen besten Freund und heutigen Autorenkollegen (in Italien lebend) herausgab. Ich liebe die Phantastik, weil man so wunderbar Gott spielen kann, weil man absurde Dinge erfinden kann, weil man mit allen Möglichkeiten der Fantasie spielen darf - und trotzdem den Bezug zur Realität nie verliert. Viele Jahre habe ich mich eher auf die Science Fiction konzentriert, und nun kehre ich wieder zur Fantasy zurück. Aber ich bin nicht einseitig, sondern will auf vielen Hochzeiten tanzen, deswegen habe ich mich auch an Kinderbüchern versucht, an TV-Romanen, an Liebesgeschichten und Krimis für Magazine, an Stoffentwicklungen für Fernsehfilme; eben alles, was mir Spaß macht und wozu ich einen Bezug zum Schreiben finde. Momentan arbeite ich nebenbei an einem ganz sparten-fremden Projekt, nämlich der Lebensgeschichte meiner Mutter, eine gewöhnliche-außergewöhnliche Geschichte aus der bayerischen Heimat, die die Jahre 1927-1973 abdeckt. Das ist eine sehr interessante Herausforderung, wobei es da weniger um den historischen Bezug, als vielmehr um den Umgang mit den geschichtlichen Ereignissen geht, um das Leben in schweren Zeiten, und die Emanzipation der Frauen.

 

Fantasyguide: Die Anthologie Wiener Roulette sammelt nicht nur Geschichten namhafter Autoren sondern enthält auch literaturwissenschaftliche Betrachtungen. Was hat es mit dem Projekt auf sich?

 

Uschi Zietsch: Entstanden ist das ganze so: Vor Jahren wurde die sogenannte Sentenza Austriaca (Sentenza ist eine Geheimorganisation aus der Serie Perry Rhodan - Anmerkung d. Red.) "gegründet", die "sehr geheime Geheimgesellschaft zur schleichenden Verösterreicherung des Perryversums", weil immerhin insgesamt vier österreichische Autoren an Perry Rhodan mitgearbeitet haben oder noch mitwirken: Ernst Vlcek, Andreas Findig, Leo Lukas und Michael Marcus Thurner. Als schon beinahe Wahl-Wienerin wurde ich "Ehrenmitglied". Im Rahmen der Wiederbelebung des Fabylon-Verlags brachte ich bei einem Treffen vor, dass ich gerne eine Anthologie mit der Sentenza herausbringen möchte, und sofort sprang Ernst Vlcek darauf an, der sagte, dass er eine Idee für eine Novelle habe, an der wir alle zusammen schreiben könnten. So entstand diese Politsatire, die sich wie SF anhört, aber einen hochaktuellen Zeitbezug hat. Die "literaturwissenschaftlichen Betrachtungen" betreffen natürlich den Mut der Herausgeberin, eine Anthologie mit mundartlicher Literatur herauszubringen und im gesamten bundesdeutschen Sprachraum sowie dem deutschsprachigen Ausland zu verbreiten. Dies soll beweisen, dass es für Literatur keine Ländergrenzen gibt, und dass auch ein lockerer Umgang mit der Sprache ohne gestelzte Formulierungen wunderbare literarische Ergebnisse bringen kann. Und natürlich bietet schon das angehängte Glossar mit allen erklärten Begriffen einen großen Anreiz und zeigt kulturelle Gleichheiten wie auch Unterschiede, die volkstypische Klischees erfüllen - Eigenheiten, der gesellschaftliche Umgang, und so weiter. Charakter und Volkszugehörigkeit jedes Menschen drücken sich nicht nur durch Körperhaltung, Gestik und Mimik aus, sondern auch im Umgang mit der Sprache. Da kann man eindeutige Rückschlüsse führen, wie extro- oder introvertiert jemand ist, wo seine Wurzeln liegen, und so weiter.

 

Fantasyguide: Also alles alte Bekannte für Dich, Kollegen mit denen Du an Serien wie Perry Rhodan oder Maddrax mitschriebst. Gibt es da in Deutschland eine spezielle Liga ehrenwerter Romanschreiber oder Ähnliches?

 

Uschi Zietsch: Nein. Zumindest nicht im phantastischen Bereich, nicht so, wie unsere "Sentenza" ist. Ich könnte mir vorstellen, dass Friedrich Torberg eine oder zwei Freudentränen im Augenwinkel hat, wenn er von seiner Wolke auf uns herabblickt.

 

Fantasyguide: Was verbindet Dich mit Friedrich Torberg?

 

Uschi Zietsch: Er dürfte heutzutage als Schriftsteller kaum mehr bekannt sein, mit Ausnahme seiner beiden wunderbaren Anekdotenbücher: Die Tante Jolesch oder Der Untergang des Abendlandes in Anekdoten, und Die Erben der Tante Jolesch. Torberg erzählt darin von seiner eigenen Zeit als jüdischer Jung-Autor in Wien, wo es noch die Werfels, Polgars, Kraus' und wie sie alle hießen, gab, echte Unikate, einzigartig in ihrer Lebensart und Lebensweisheit, voller Witz und Geist. Natürlich kommt auch die Tante Jolesch drin vor, und andere Leute "wie du und ich", die auf ihre unvergleichliche Weise eine untergegangene, ans Märchenhafte grenzende Welt repräsentieren. Als Kaffeehäuser der Mittelpunkt gesellschaftlichen Lebens waren, weil man dorthin ging, um zu arbeiten, zu telefonieren, Karten zu spielen, zu diskutieren, Geschäfte zu machen oder einfach nur zu sitzen. Ich lese Bücher normalerweise nie zweimal, aber die Tante Jolesch habe ich schon mindestens sechsmal gelesen, und jedes Mal muss ich wieder laut lachen und meinem Mann (obwohl er sie genauso auswendig kennt wie ich) daraus vorlesen. Wir bewerfen uns heute noch mit Zitaten, wenn sich die Gelegenheit ergibt. Ein kleines Beispiel: Ein Fan stellt dem berühmten Autor auf dem Nachhauseweg folgende Frage, um herauszufinden, ob er nicht zufällig die gleiche Richtung hat und sie daher gemeinsam gehen könnten: "Wohin gehen Sie?" Antwort: "In die andere Richtung."

Ich habe übrigens ein Zitat aus der Tante Jolesch der "Wiener Roulette"-Anthologie vorangesetzt.

 

Fantasyguide: Du hast mit Windflüsterer einen Roman zu einem Computerspiel geschrieben. Die Kritiken dazu monieren die Verwendung von Stereotypen und Klischees. Wie siehst Du die Arbeit an solch einem Buch und hast Du Spellforce gespielt?

 

Uschi Zietsch: *schallendlach* Die Kritiken dazu sind sehr weit gestreut. Es gibt zum Beispiel eine faire und zugleich positive von Christel Scheja, über die ich mich gefreut habe - an dieser Stelle mein Dank an sie. Natürlich meckern die Hardcore Fans, das tun sie immer, das müssen sie, denn so, wie sie sich ihre Welt vorstellen, kann niemand schreiben außer sie selbst (mit dem Unterschied, dass sie gern schreiben wollen, aber nicht können). Es sind auch nur sehr wenige negative Rezensionen im Umlauf, hauptsächlich von einem einzigen Kritiker, der sich mit seiner Hasstirade an jede Internet-Institution gewandt hat, die er auftreiben konnte. So etwas amüsiert mich nur und kann ich nicht ernst nehmen, denn der giftgrüne Neid trieft aus jedem Wort. Fairness, Sachlichkeit und Kompetenz kann man von diesen Leuten nicht erwarten. Durch die jahrelange Mitarbeit bei Perry Rhodan kenne ich das nur zu gut und weiß, wie ich damit umgehen muss. Außerdem bin ich viel zu lange erfolgreich im Geschäft, um nicht zu wissen, dass ich professionelle und gute Arbeit liefere, Talent habe und mein Handwerk verstehe. Außerdem wären sämtliche Lektoren und Verleger ja sonst ziemliche inkompetente Irre, weil sie mich seit 20 Jahren erfolgreich verlegen und auch noch gut finden! Solche wichtigtuende Kritiker mit scheinbar klugen Analysen sind für mich nicht von Bedeutung. Mich amüsiert es - und das beziehe ich jetzt nicht nur auf mich, sondern auf Kritiken zu anderen Büchern, die ich lese -, dass manche Kritiker immer dann auf die beiden inflationären, inhalts- und sinnentleerten Begriffe "Stereotypen" und "Klischees" zurückgreifen, wenn sie nichts zu sagen haben, keine vernünftigen Argumente finden und erst recht keine passenden Worte. So überführen sie sich selbst: Ihre Kritik selbst ist damit stereotyp und klischeebehaftet, immer dieselben Meckereien, austauschbar für jedes Buch, egal welcher Sparte. Wie einfallsreich. Gähn.

 

Von Bedeutung ist für mich die sachliche Kritik professioneller und kompetenter Leute, mit denen ich arbeite, denn so kann ich an meinen Schwächen arbeiten, und sie helfen mir dabei, ein Manuskript rund zu machen. Windflüsterer ist ein sehr schönes Buch geworden, zu dem ich voll und ganz stehe, das mir gut gefällt, und das mir sehr viel Spaß macht, nun den zweiten Teil weiterzuführen und schließlich mit dem dritten Teil der Trilogie über die Shaikan zu beenden. Wir sind mit den bisherigen Verkäufen sehr zufrieden, und das Feedback, das ich von Lesern bekomme, ist nahezu durchwegs positiv.

Ich habe aber auch kein Problem damit, wenn das Buch jemandem nicht gefällt und er es mir auch so sagt, ohne sich dafür rechtfertigen zu wollen; man kann es nicht jedem recht machen (warum auch?). Ich mag es nur nicht (und auch dies ist jetzt nicht nur auf mich bezogen), wenn jemand seine subjektive Meinung und sein negatives Urteil dadurch ausdrückt, indem er den Autor schlecht macht, als unfähigen Idioten hinstellt und ihn verantwortlich dafür macht, dass der persönliche Geschmack nicht getroffen wurde. Es wird ja niemand gezwungen, ein Buch zu kaufen und zu lesen, oder es kostenlos zu bekommen und zu rezensieren.

 

Die Arbeit an SpellForce ist aufwändig und schwierig, und hier ist mir das erlernte Handwerkszeug von Perry Rhodan behilflich, weil ich weiß, wie ich mich organisieren muss und effizient arbeiten kann. Ich weiß auch, worauf es ankommt. Die vielen Hürden, Hindernisse und Schwierigkeiten, die man hat, um ein solches Buch zu erstellen, kann kein Leser oder Kritiker erfassen, und das soll auch nicht so sein. Nur das Ergebnis zählt, eine lockere, flüssige, unterhaltsame Geschichte zu erzählen, passend zum Spiel.

Natürlich habe ich SpellForce gespielt, und eine Menge Vorarbeiten leisten müssen. Und ja, ich nehme mir trotzdem das Recht heraus, die Welt so zu gestalten, wie sie mir gefällt, und wie ich sie sehe. Schließlich soll es nicht allein bei dieser Trilogie bleiben.

 

Fantasyguide: Wie handhabst Du es bei den eigenen Fantasywelten? Sind Innovationen schwer zu finden oder nur schlecht zu verkaufen?

 

Uschi Zietsch: Alles wurde schon geschrieben und erfunden. Das ist nicht nur bei der Fantasy so. Na und? Wichtig ist es doch, was daraus gemacht wird: Nämlich eine spannende, unterhaltsame Geschichte, die den Leser mitleben lässt, und die ihn für ein paar Stunden in andere Länder entführt. Er reist in phantastische Welten - kann es etwas Wunderbareres geben?

Außerdem wollen die Leser sich "daheim" fühlen. Wie sonst soll man sich die Hochkonjunktur von Zwergen, Elfen und Orks erklären, und die wenigen Einzeltitel?

 

Was meine eigenen Welten betrifft, so habe ich im Verlauf der Jahrzehnte ein ganzes Universum geschaffen, das sich das "Träumende Universum" nennt, und das mittlerweile sehr komplex und dicht ist, mit einem gewaltigen Hintergrund. Das braucht natürlich seine Zeit, man erschafft kein Universum von heute auf morgen. So etwas an den Leser zu bringen, ist nicht leicht - siehe oben -, aber sobald er sich heimisch fühlt, wird er sich auf jede Geschichte daraus freuen.

 

Fantasyguide: Gerade ist Dein neuester Maddrax (MX 175 - Rückkehr zur Erde) erschienen, und wieder einmal darfst Du einen großen emotionalen Moment beleuchten, dem Abschied Matts vom Mars. Welche Rolle spielst Du in der Autorengemeinschaft von MX und welche Rolle spielt MX für Dich?

 

Uschi Zietsch Es war sehr schön für mich, dass ich den Mars (mit der aktuellen Zeitschiene) im Rahmen des Spin-Offs nicht nur beginnen, sondern auch beenden durfte. Insofern habe ich die letzte Trilogie mit großer Freude, aber auch mit einem Tränchen im Auge geschrieben, weil es dann Abschiednehmen hieß. Ich bin dem Redakteur, Mike Schönenbröcher, sehr dankbar, dass er mir die Gelegenheit gab, mich so richtig auszutoben, ohne großartige Vorgaben - mit Ausnahme der übergeordneten Storyline natürlich. Und gerade erst recht habe ich nicht alles in Schutt und Asche gelegt und sämtliche Protagonisten ermordet, sondern ein versöhnliches Ende geschrieben; ich finde, das darf auch im MX-Universum mal sein. Vor allem aber geschah das auch im Hinblick auf den Zyklus nach Band 200, wo der Mars ja wieder eine Rolle spielen wird.

Der unschlagbare Vorteil von MX ist die ziemliche Storyfreiheit. Es wird nur ein kurzes Rahmenexposé vorgegeben, um den roten Faden zu gewährleisten, meistens nur 1-3 Sätze, und dann liegt es am Autor, daraus eine ganze Geschichte zu basteln. MX ist die Verbindung von abgeschlossenen Reiseromanen mit trotzdem durchgehender Storyline gelungen. Das macht natürlich Spaß.

 

Fantasyguide: Kann es sein, dass Dir das Schreiben für MX mehr Spaß bereitet, als zum Beispiel für Perry Rhodan? Wenn ja, Warum?

 

Uschi Zietsch: Nein. Das sind zwei völlig verschiedene Serien, mit völlig verschiedenem Hintergrund und natürlich auch unterschiedlichem Arbeiten. Die Arbeit an Perry Rhodan hat mir solange Spaß gemacht, wie ich daran mitschrieb, bis zum letzten Heft, auch wenn ich mit dem Inhaltlichen nicht mehr konform ging. Ich schreibe immer mit ganzem Einsatz, ansonsten gebe ich den Auftrag zurück, ein "Dazwischen" gibt es nicht. Dass man nicht immer Highlights schafft und auch mal daneben liegt, weil man nicht in Form ist oder aus sonstigen Gründen, ist nur menschlich und auch verzeihlich, wie ich finde. Ich denke heute noch mit verklärtem Blick an die Aarus zurück, aber auch an viele andere Völker und Personen, die ich einführen durfte. Auch die beiden SOL-Bände; wenn ich es recht bedenke, ich hatte auch bei PR immer die Gelegenheit, mich gründlich auszutoben und so viel wie möglich selbst einzubringen. Ich möchte diese 11 Jahre keinesfalls missen, es war eine natürlich sehr harte, aber auch sehr schöne Zeit. Ich vermisse heute noch die Autorentreffen, wo die Kollegen wenigstens einmal im Jahr Gelegenheit hatten, sich zu sehen und fröhlichen Austausch zu halten. Das Team war immer prima, und ich habe alle Kollegen sehr gern gehabt. (Habe ich noch, aber wie gesagt, wir sehen uns ja kaum noch.)

Aber schon als ich bei PR einstieg war für mich ganz klar, dass dies kein Job bis ans Lebensende ist. Das wäre mir, wie ich oben schon erwähnte, zu einseitig. Ich wäre also in jedem Fall eines Tages ausgeschieden, nur der Zeitpunkt stand nicht fest - und 2003 hat es sich eben aus verschiedenen Faktoren so ergeben.

 

Fantasyguide: Was mich schon immer interessierte, wie stehst Du zu solchen besonderen Charakteren, wie etwa Mila und Nadja Vandemar (und ihrem Tod)?

 

Uschi Zietsch Es mag ein bisschen wie schwarzer Humor klingen, aber ich habe mich darauf gefreut, die beiden umbringen zu dürfen. Ein Autor lebt und leidet mit seinen Figuren, und deshalb tut er sich den perversen masochistischen Schmerz an, sie sterben zu lassen. Das ist dramatisch, aufwühlend, man wird selbst mitgerissen - kann es etwas Besseres geben? Vor allem dann der Wut und Empörung der Leser ausgesetzt zu sein, warum man das getan hat, um Himmels willen - kann es eine bessere Bestätigung geben, dass man seine Arbeit gut macht? Ich muss aber zugeben, dass eigentlich Ernst Vlcek, der die Zwillinge erfand und wunderbar eingeführt hat, diesen Part hätte übernehmen müssen. Er war aber zufrieden mit dem, was ich daraus gemacht habe. Ich habe die Zwillinge gemocht und es bedauert, dass sie im Mittelfeld des Zyklus ziemlich in den Hintergrund gerückt waren und an Charme und Charakter verloren - sie wurden unscheinbare Lieschen Müllers. Das ist wiederum der Fluch einer so langlebigen, wöchentlich erscheinenden Serie, dass man oft starke Charaktere nicht erhalten kann.

 

Fantasyguide: Viele deutsche Autoren verdienen mit Heftromanen das Geld, das sie benötigen, um ihre Herzensprojekte verwirklichen zu können. Wie sah das bei Dir aus?

 

Uschi Zietsch Diese Aussage sehe ich als ziemlich kühn an, denn das Geld, das man sich mit Heftromanen verdient, reicht vielleicht gerade so zum Überleben (wenn man sehr fleißig ist), aber gewiss nicht zum Erfüllen von Herzenswünschen. Vor allem hat man so gut wie gar keine Zeit, etwas anderes zu schreiben, weil man so sehr mit Geldverdienen und ständiger Terminnot beschäftigt ist. (Man muss immer mehr Aufträge annehmen, als man in der Zeit schaffen kann, es ist ein Teufelskreis.) Das war ja mit ein Grund, warum ich PR beenden musste, weil es eben nur noch PR gab und nichts anderes mehr. Immer mehr blieb auf der Strecke, ein auf Dauer unhaltbarer Zustand.

 

Fantasyguide: Mit dem Fabylon Verlag willst Du nicht nur den Nachwuchs fördern, sondern auch mit Stammautoren einen hohen Anspruch erfüllen. Bald wird der Verlag zwanzig Jahre alt. Wie steht er da und was ist aus Deinen Vorstellungen geworden?

 

Uschi Zietsch: Nun, nach beinahe zehnjähriger Schlummerpause haben wir dieses Jahr erst wieder mit zwei Büchern neu angefangen. Wir werden also sicher 5 Jahre brauchen, um überhaupt eine brauchbare Bilanz ziehen zu können. Auf alle Fälle haben wir viel vor und bestimmt keinen Manuskript-Mangel, auch wenn sich ständig Änderungen ergeben. Im Rahmen der Autorenförderung verspreche ich mir natürlich einiges von unserer im Juni 2007 startenden sechsbändigen Serie "SunQuest". Ich habe sie auf dem BuCon 2006 vorgestellt und bin auf durchwegs positive Resonanz gestoßen, obwohl ich noch nicht viel erzählen darf. Aber es wird eine exotische, farbenprächtige Sache. Nichts Alltägliches.

 

Fantasyguide: Kannst du uns mehr zu SunQuest sagen?

 

Uschi Zietsch: SunQuest ist eine zwölfteilige, auf sechs Bände angelegte Science Fantasy-Abenteuer-Serie, basierend auf einer Idee meines Mannes, Gerald Jambor.

Auf der Buchmesse Leipzig im März 2007 werden wir die Titelbilder der 6 Bände vorstellen. Exklusiv-Start ist auf dem Garching Con im Juni 2007, die Folgebände erscheinen in jeweils zwei Monaten Abstand. Der Zyklus wird mit dem sechsten Band abgeschlossen. Sollte unsere Serie Anklang beim Leser gefunden haben, werden wir weitermachen; Ideen und Material gibt es genug. Neben ein oder zwei Gast-Star-Autoren werden hauptsächlich Newcomer eingesetzt. Konzept und Exposé sowie Bandeinteilung liegen den AutorInnen bereits vor, und alle sind eifrig an den Vorarbeiten, und, das muss ich wirklich sagen, sehr motiviert und mit tollen Einfällen. Ich bin sicher, dass es eine spannende Geschichte vor exotischem Hintergrund wird.

Schauplatz wird ein außergewöhnliches System sein, das es tatsächlich gibt - es ist erst letztes Jahr entdeckt worden -, und zwar ein Planet mit drei Sonnen, was man bisher für unmöglich gehalten hatte. Das Tolle daran: Die Idee meines Mannes ist schon um drei Jahre älter, aber nun hat uns die Realität eingeholt - und außerdem ist das System nur rund 150 Lichtjahre von der Erde entfernt! Bedingt durch diese außergewöhnliche Konstellation sind unserer Fiktion nach die Einstein'schen Gesetze innerhalb des Systems aufgehoben, so dass alles psi-magische möglich ist - mit Ausnahme von Technik. Alles, was höher entwickelt ist als Dampfmaschinentechnik, funktioniert nicht. Seit mindestens einer Million Jahre geraten immer wieder Raumfahrer in den Sog des Systems und müssen notlanden, ohne Aussicht, jemals wieder starten zu können. Das bedeutet, sie müssen sich eine neue Heimat schaffen - und bis heute hat sich da eine ganze Menge an Völkern angesammelt. Es gibt seit relativ kurzer Zeit auch Menschen, die sich frohgemut vermehren und überall breit machen. In diese multikulturelle, bizarre, farbenprächtige Welt gerät im 33. Jahrhundert unsere menschliche Heldin, die Kommandantin einer militärischen Spezialeinheit namens Shanija Ran. Ursprünglich war sie unterwegs zur Erde, weil sie Pläne gegen einen außerirdischen Feind, mit dem sich die Menschen seit einiger Zeit in Krieg befinden, dorthin bringen muss. Durch die Havarie steht nun die Existenz der Erde auf dem Spiel.

Shanija setzt alles daran, einen Ausweg zu finden, um das System so schnell wie möglich wieder verlassen zu können, und begibt sich auf die Quest zu dem einzigen Ort, an dem sie Hilfe finden könnte. Über diese fantastische Reise berichten wir. Dabei gerät Shanija sehr schnell ins Zentrum der Geschehnisse, denn einige Sekten, die eine ganz besondere Sternenkonstellation erwarten, sehen in ihr entweder eine Erlöserin - oder eine Zerstörerin, und wollen sie mit allen Mitteln daran hindern, ihr Ziel zu erreichen.

 

Fantasyguide: Das klingt vielversprechend!

Der Zaubermond Verlag konzentriert sich auf Hardcover Romane zu Heftromanserien. Auch von Dir erschienen dort Bücher zu MX oder Das Volk der Nacht. Wie beurteilst Du die Kleinverlagsszene, die Du ja als Verlegerin und Autorin kennst?

 

Uschi Zietsch: Nun, wenn man sich anschaut, wie die Kleinverlage aus dem Boden schießen, gibt es da jede Menge Zukunft. Dazu trägt natürlich nicht nur die BOD-Möglichkeit, sondern auch die Konzentrierung des Buchmarktes auf wenige Riesenverlage bei; das Mittelfeld wird bald völlig brach liegen, zu dem einige der Kleinverlage dann vorstoßen können. Fabylon ist allerdings ein ziemlich idealistischer Verlag, was bedeutet, wir brauchen das Glück eines Bestsellers, um in diese Gefilde vorstoßen zu können. Das macht uns aber nichts, wir machen frohgemut weiter und lassen uns nicht unterkriegen. Wir wollen die Fahne der Literatur auf Gedeih und Verderb hochhalten, und zwar auch mit unbekannten Autoren, die eine Chance erhalten sollen. Jessas, ist das pathetisch! Aber ich meine es so. Deswegen ergänzen sich die Kleinverlage der phantastischen Szene auch so gut: Jeder spezialisiert sich auf etwas. Dadurch können wir uns gegenseitig unterstützen, treiben den Markt voran - und verstehen uns dementsprechend gut, weil uns allen die Liebe zu Büchern und zur Literatur gemein ist. Ich finde z.B. die Anthologien wie von Shayol, Wurdack und wie sie alle heißen, einfach nur bewunderns- und lobenswert. Aus dieser Szene entstehen die Bestseller-Autoren von Morgen.

 

Fantasyguide: Man findet Dich auch in Internet-Foren und Fanseiten. Wie wichtig ist Dir der Fandom und welcher Art Feedback erhältst Du von da?

 

Uschi Zietsch: (Heißt das nicht *das* Fandom?) Ach, ich bin schon seit 1982 in der Szene zugange, ich kenne viele Leute von damals und bin seit vielen Jahren mit einigen befreundet, und es ergibt sich immer ein neues Kennenlernen. Es macht mir Spaß und ist eine Abwechslung zu meiner täglichen, stillen und logischerweise einsamen Arbeit. Ich mag den Austausch, ich bin vor allem auf Mundpropaganda angewiesen (das ist immer noch die beste Werbung von allen), und übe auf diese Weise natürlich auch meine Geselligkeit aus. Und so ehrlich müssen wir ja zu uns sein: Wo wären wir denn ohne das Fandom im phantastischen Bereich?

Und welcher Autor liebt es nicht, Autogramme zu geben?

 

Fantasyguide: Als Genre-Autor findet man selten den Weg auf die Bestsellerlisten. Frank Schätzing oder Andreas Eschbach gelang es. Wann kommt Uschi Zietsch?

 

Uschi Zietsch: Innerhalb der nächsten fünf Jahre.

 

Fantasyguide: Ist Deutschland noch ein Leseland, oder anders gefragt, gibt es für deutsche Autoren noch genug Leser?

 

Uschi Zietsch: Ja. Ich bekomme Mails von Müttern, die mir schreiben, dass meine Tierbücher ihre Kinder zum Lesen brachten. Sie sind in der Bibliothek vieler Schulen zu finden und häufig Gegenstand von Referaten.

Natürlich wird heutzutage viel weniger gelesen als früher, weil das Freizeitangebot und die Medien sich vollständig verändert haben. Na und? Das ist der Lauf der Dinge, wenn eine Entwicklung voranschreitet. Vielleicht wird weniger gelesen, aber gelesen wird immer.

Die Autoren vergangener Jahrhunderte, vor und noch zu Zeiten Goethes und Schillers, mussten den Druck ihrer Bücher selbst bezahlen, und sie hatten kaum Leser, weil die Leute nicht lesen konnten. Trotzdem sind sie unvergesslich und hochberühmt. Also: Nicht die Hoffnung aufgeben.

 

Fantasyguide: Wie sehen Deine weiteren Projekte aus?

 

Uschi Zietsch Ich habe ja oben schon ein paar Andeutungen gemacht: Ca. 2008 wird von mir eine Fantasy-Trilogie bei Bastei-Lübbe erscheinen, die im "Träumenden Universum" spielt wie meine früheren Bücher Sternwolke und Eiszauber und Der Stern der Götter, dann werden natürlich der 2. und 3. Band der SpellForce-Trilogie erscheinen, auch noch einiges im MX-Universum, und wer weiß, was sonst noch alles. Was Fabylon betrifft, so habe ich ja schon über die ab Juni 2007 zweimonatlich erscheinende SunQuest gesprochen, dazu wird im März 2007 auf der Buchmesse Leipzig, wo wir mit einem Stand vertreten sein werden, Ernst Vlceks legendäre Sternensaga erscheinen, endlich mit Abschluss, außerdem Michael Iwoleits SF-Roman Psyhack, die erweiterte Fassung der preisgekrönten Novelle, und noch einige Romane von Newcomern. Und natürlich Schreibwerkstätten. Viel, viel Arbeit, viel Abwechslung, viele zerrüttete Nerven, hysterische Zustände, Depressionen und Spaß!

 

Fantasyguide: Vielen Dank für das Interview und weiterhin Spaß am Schreiben und verlegen!

 

Uschi Zietsch: Ich danke ebenfalls!

 

Nach oben

, zuletzt aktualisiert: 16.10.2023 21:13