Interview: Raymond E. Feist
 
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Interview mit Raymond E. Feist

Redakteur: Markus Mäurer

 

 

Im Alter von 16 Jahren war ich ein literarischer Ignorant. Nach einer Jugend mit der „Pizza Bande“ und den „Drei Fragezeichen“, gab es für mich nur Stephen King. Bis Raymond Feist kam. Angeregt durch Kings Fantasyroman „Die Augen des Drachen“, machte ich mich auf die Suche nach ähnlichen Geschichten. In einer Zeit in der die Fantasyregale der Buchhandlungen noch reichhaltig bestückt waren, stieß ich nach ausgiebigem Stöbern auf „Der Lehrling des Magiers“. Ich habe dieses Buch innerhalb von einer Woche verschlungen und war der Fantasy nun restlos und bis zum heutigen Tage verfallen. Es musste also schleunigst die Fortsetzung her. Da die Zeit gut gefüllter Fantasyregale auch die Zeit vor dem Internet war, und ich in einem kleinen Dorf wohnte, musste mich mein Vater am kommenden Wochenende wieder in die Stadt fahren um Teil 2 „Der verweiste Thron“ zu holen. Dieselbe Geschichte: verschlungen innerhalb von einer Woche und die Erkenntnis, dass die „Midkemia Saga“ noch weitergeht. Also meinen Vater wieder als Chauffeur rekrutiert und ab in die Stadt um „Die Gilde des Todes“ und „Dunkel über Sethanon“ zu besorgen, die kurz nach dem in den ersten beiden Bänden behandelten Spaltkrieg spielen. Dazu noch die eigenständigen – in Deutschland aber als Fortsetzungen vermarkteten – „Gefährten des Blutes“ und „Des Königs Freibeuter“, die eine Generation nach den Vorgängern spielen.

Damit war ich auf dem aktuellen Stand der „Midkemia-Saga“, die die Geschichte Pugs, Thomas, Aruthas und all den anderen sympathischen Helden Midkemias erzählte.

1997 (Jahr der deutschen Veröffentlichung) kehrte Raymond Feist dann endlich mit der sechsteiligen „Schlangenkrieg – Saga nach Midkemia zurück, und knüpfte damit an die Ereignisse aus „Des Königs Freibeuter“ an. Während die alten Helden schon ein höheres Alter erreicht hatten und die Geschicke nun aus dem Hintergrund leiteten, betraten zusammen mit Erik von Finstermoor und Roo neue Helden das Spielfeld.

Nachdem ich auch diese Saga mit Begeisterung verfolgte, enttäuschte mich Feist danach mit der „Krondor – Saga“, mit der er zu den Ereignissen des Spaltkrieges zurückkehrte. Auf mich wirkte das, als wolle er seinen Erfolg bis ins letzte ausschlachten ohne sich etwas Neues einfallen zu lassen. Damit kehrte ich meinem einstigen Lieblingsautor den Rücken zu.

Erst 2003 konnte er mich mit „Der Silberfalke“, dem Auftakt zu „Die Erben von Midkemia“ zurückgewinnen. Denn endlich ging es chronologisch weiter. Es folgten „König der Füchse“, „Konklave der Schatten“ und „Der Flug der Nachtfalken“. Im Oktober erscheint dann „Ins Reich der Finsternis“.

Ansonsten bleibt noch zusagen, dass Raymond Feist einer der beliebtesten und erfolgreichsten Fantasyautoren ist, dem in Deutschland leider nicht die – bei den Lesern so beliebte – Buchsplittung erspart blieb. Ebenso wenig wie der berühmte Tolkienvergleich auf dem Buchdeckel. Doch wer sich davon nicht abschrecken lässt, der bekommt spannende und bewegende Fantasygeschichten mit sympathischen Figuren, Zauberern, Drachen, Elben, Dämonen, Göttern und einer mittelalterlichen Fußballvariante.

Wer mehr über Raymond Feist erfahren möchte, kann dies auf seiner offiziellen Homepage www.crydee.com tun. Die Seite ist sehr umfangreich und informativ gestaltet.

 

 

Fantasyguide: Hallo Raymond. Vielen Dank, dass du uns ein bisschen von deiner Zeit gibst. Kannst du uns ein paar Fakten von dir erzählen?

 

Raymond E. Feist: Gut, lasst uns mal sehen. Ich bin 61 Jahre alt, war einmal verheiratet, habe zwei großartige Kinder, lebe in Südkalifornien und genieße Musik, Filme, Wein und den Strand.

 

Fantasyguide: Du hast Kommunikationswissenschaften studiert. Wann und wo hast du mit dem schreiben angefangen?

 

Raymond E. Feist: Meinen Abschluss habe ich in Kommunikationswissenschaften an der Universität von Kalifornien, San Diego gemacht. Mein Schwerpunkt lag auf dem Massenmarkt und der öffentlichen Meinung, was soviel heißt, dass ich einen Abschluss in Marketing habe.

Ich habe mit dem Schreiben als Hobby angefangen, einfach um mir und meinen Freunden eine Freude zu machen. Es hat dann eine Art Eigenleben entwickelt. Als ich „Der Lehrling des Magiers“ zur Hälfte fertig hatte, hat mich ein Freund dazu gedrängt einen Verlag zu suchen. Und so hat alles angefangen.

 

Fantasyguide: Hast du schon Fantasy gelesen, bevor du selber angefangen hast Fantasy zu schreiben und liest du auch aktuelle Fantasy? Wenn ja, kannst du uns etwas empfehlen?

 

Raymond E. Feist: Ich war nie ein richtiger Fantasyleser. Ich habe ein paar Sachen gelesen, aber meine größten Einflüsse waren die Autoren von Abenteuer und historischer Literatur aus dem 19. und 20. Jahrhundert. Ich lese Anthony Hope, Thomas Costain, Samuel Shellenbarger, Robert Louis Stevenson und viele andere dieser Art.

 

Fantasyguide: Dein erster Roman „Magician“ (deutsch: „Der Lehrling des Magiers“) wurde 1979 veröffentlicht. Wie bist du auf die Idee dazu gekommen und war es schwierig einen Verlag zu finden?

 

Raymond E. Feist: Genau genommen wurde er 1982 veröffentlicht. Die Idee hat sich entfaltet. Es sollte eigentlich eine reine Abenteuergeschichte über einen Prinzen werde, der nach seiner entführten Schwester sucht und dem ein Magierlehrling zur Seite steht. Die Idee tauchte dann wieder in meinem Buch „Die Freibeuter des Königs“ auf. Während ich damals noch nichts vom Schreiben eines Romans wusste, hat sich das Projekt verselbstständigt und wurde etwas viel größeres. Mit dem Finden eines Verlages hatte ich viel Glück. Ich habe direkt zu Anfang einen sehr guten Agenten gefunden, der mich innerhalb eines Jahres bei Doubleday untergebracht hat.

 

Fantasyguide: Kannst du uns bitte den Entstehungsprozess eines deiner Romane beschreiben?

 

Raymond E. Feist: Denn gibt es nicht wirklich. Ich kenne die Charakteren (Nach 25 Romanen sollte ich das) und weiß wo ich mich in den Zyklen der Geschichte über die fünf Spaltkriege befinde. Ich weiß wie es enden wird. Auf dem langen Weg zu diesem Ende, überrasche ich mich manchmal selbst. Man könnte sagen, mein Unterbewusstsein leistet einen Menge Arbeit wenn ich andere Dinge tue, und wenn ich dann schreibe sagt es mir was als nächstes kommt.

 

Fantasyguide: „Der Lehrling des Magiers“ war mein erstes Fantasybuch (im Alter von 16 Jahren) und der Beginn einer langen Leidenschaft. Midkemia hat mich seitdem begleitet. Hattest du von Anfang an die Absicht eine solch lange Serie zu schreiben?

 

Raymond E. Feist: Nicht wirklich. Ich wusste ja noch nicht einmal ob jemand das erste Buch kaufen würde. Für sich selbst stehend währen es vielleicht dreißig Bücher geworden. Aber ich schreibe über eine Spielewelt die wir in der Universität benutzt haben, und die eine eigene „Historie“ hat, die ich benutzen kann um die Geschichten in ihrer Zeitlinie zu schreiben.

 

Fantasyguide: Ich muss zugeben, dass ich etwas gelangweilt war, als du nach dem Ende der „Schlangenkriegsaga“ zu den Ereignissen des Spaltkrieges („Betrayl at Krondor“) zurückgekehrt bist. Aber mit „Konklave der Schatten“ hast du mich zurückgewonnen. War es nach zwölf Büchern schwierig die Geschichte fortzusetzen und die Ereignisse der beiden Kriege noch zu steigern?

 

Raymond E. Feist: Nicht schwieriger als nach dem 1. Weltkrieg über die amerikanische Depression zu schreiben. Wie ich schon sagte, es gibt da eine Zeitlinie und ich bringe immer neue Charaktere neben den Alten in die Geschichte. Es gibt neue Herausforderungen, für die Charakteren und auch für mich als Autor.

 

Fantasyguide: Du konzentrierst dich oft auf ein oder zwei junge Personen, wie z. B. Pug oder Talon, und erzählst dann deren Entwicklung, ihr „coming of age“. Ich denke das ist der beste Weg, damit sich der Leser mit den Figuren identifizieren kann. Es ist als wenn man zusammen mit diesen Charakteren wächst. War das deine Absicht und „Strategie“?

 

Raymond E. Feist: Keine Strategie, aber es ist eine der üblichsten Wege der Fantasy. Pug und Thomas, Mara, Borric und Erland und Nicholas, Talon; alle haben das durchgemacht. Kaspar und Nakor haben das – wie auch immer – nicht gemacht, sind aber trotzdem faszinierende Charaktere, die die Leser sehr schätzen.

 

Fantasyguide: In „Konklave der Schatten“ schreibst du viel über Religion und Theologie. Denkst du, dass Fantasybücher besonders geeignet sind, um sich mit solchen Themen auseinander zusetzen - speziell unter dem Vorwurf des Eskapismus?

 

Raymond E. Feist: Es ist ein wesentlicher Bestandteil dieses Universums und von zentraler Bedeutung für alles, mit dem die Figuren der Bücher fertig werden müssen. Ich denke also die Fantasy ist sehr gut dafür geeignet. Ohne dies, hätte ich nur eine ziellose Serie von trivialen Quests.

 

Fantasyguide: Bist du religiös und bist du an Magie interessiert?

 

Raymond E. Feist: Nein und nein. Solange du nicht „spirituell“ meinst, wo dran ich starken Glauben habe. Aber ich gehöre keiner organisierten Religion an. Doch wenn du Bühnenzauberei und Taschenspielertricks meinst, lautet die Antwort ja und ja.

 

Fantasyguide: In Midkemia existiert das pure Böse, wie z. B. Leso Varen und der Namenlose Gott. Existiert das pure Böse auch in unserer Welt? Und denkst du, dass das Böse durch Wahnsinn verursacht wird, wie du es in „Konlave der Schatten“ beschrieben hast?

 

Raymond E. Feist: Natürlich existiert es. Pol Pot, Hitler, Stalin waren alles Beispiele aus dem 20. Jahrhundert für das pure Böse. Al-Quaida ist böse. Ganz egal worauf sie ihr Handeln begründen andere zu töten und verletzen; dass sie es tun ohne Rücksicht auf Unschuldige, zeigt dass sie böse sind. Deshalb wurden auch die Nazis für „Verbrechen an der Menscheit“ angeklagt.

Nicht nur weil dutzende von Millionen Menschen durch direkten oder indirekten Entscheidungen der Nazis gestorben sind. Das waren nicht die einzigen Opfer.

In den Todeslagern oder auf den Schlachtfeldern hat vielleicht der nächste Mozart oder der nächste Einstein gelegen. Oder der Junge der aufgewachsen wäre um ein Heilmittel gegen Krebs zu finden, ist vielleicht in einem Panzer bei der Schlacht von Kursk gestorben. Der Junge der vielleicht der größte Schriftsteller des 21. Jahrhunderts geworden wäre, starb vielleicht an den Stränden der Normandie. Wir werden es nie erfahren.

All dies wundervolle menschliche Potenzial wurde uns von den Nazis geraubt. Deshalb waren sie wahnsinnig. Deshalb waren sie böse.

 

Fantasyguide: Midkemia erinnert an das Mittelalter, mit all seinen feudalen Systemen. Hast du in der Geschichte des Mittelalters nachgeforscht um Midkemia zu erschaffen?

 

Raymond E. Feist: Nicht wirklich. Der Trick bei der fiktionalen Literatur ist, nicht ein Experte zu sein - sondern überzeugend.

 

Fantasyguide: Wenn du in Midkemia leben könntest – ich bin sicher, dass tust du auch auf eine Weise – welchen Beruf würdest du ausüben und wo würdest du am liebsten wohnen?

 

Raymond E. Feist: Ich würde niemals dort leben wollen. Zu gefährlich, außerdem keine Toiletten im Haus und kein Satellitenfernsehen. Aber wenn ich dort leben würde, währe ich vermutlich ein kleiner Beamte am Hofe des Prinzen, also ein Schreiber oder der Gehilfe eines Adligen.

 

Fantasyguide: Gibt es ernsthafte Pläne für die Verfilmung eines deiner Bücher?

 

Raymond E. Feist: Wir reden ständig mit Leuten die Interesse haben. Seit Jahren schon, ohne Ergebnis. Aber man weiß ja nie.

 

Fantasyguide: „Into the Dark Realm“ ist dein aktueller Titel – in Deutschland wird er im Oktober 2007 veröffentlicht. „Wrath of a Mad God“ erscheint dann im April 2008. Was sind deine Pläne für die Zukunft? Kannst du uns ein wenig über die „Demon-„ und „Chaoswar Saga“ erzählen, sowie über „Jigsaw Lady“?

 

Raymond E. Feist: Die „Demonwar Saga“ und die „Chaoswar Saga“ runden den gesamten Spaltkriegzyklus ab. Alles was ich sage, ist dass sie vom vierten und fünften (letzten) Spaltkrieg handeln. Danach werde ich für eine Weile in eine andere Welt weiterziehen. „Jigsaw Lady“ ist ein Science Fiction Abenteuer dass ich vermutlich so lange nicht fertig schreiben werde, wie mein Verlag darauf besteht, dass ich Fantasy schreiben soll.

 

Fantasyguide: Bist du schon mal in Deutschland gewesen? Gibt es deutsche Autoren die du magst?

 

Raymond E. Feist: Ich war zweimal in Deutschland, und habe es sehr genossen. Mein Lieblinsautor als ich noch jünger war, war Hermann Hesse, der meiner Meinung nach einer der größten Autoren der modernen Literatur ist.

 

Fantasyguide: Raymond, ich danke dir für das Interview.

 

Raymond E. Feist: Gern geschehen.

 

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Erstellt: 14.08.2007, zuletzt aktualisiert: 16.10.2023 21:13, 4682