Interview: Ernst Wurdack
 
Zurück zur Startseite


  Platzhalter

Interview mit Ernst Wurdack

Redakteur: Ralf Steinberg

 

Mit der neuen SF-Reihe »Die Neunte Expansion« startet der Wurdack-Verlag ein spannendes Buchprojekt. Grund genug, den Verleger Ernst Wurdack einige Fragen zu stellen:

 

Fantasyguide: Hallo Ernst, Du hast relativ schnell zugegriffen, als die sich gerade erst konzeptionierende Serie, die heute Die Neunte Expansion heißt, nach einem Verlag suchte. Was reizte Dich daran? War es nur die Slot-Lücke nach dem Ende von Mark Brandis?

 

Ernst Wurdack: Eine Serie, die einen Verlag suchte, gab es ja nicht. Die Serie ist aus einer Diskussion im SF-Board entstanden, und die Diskussion drehte sich darum, was eine neue deutsche SF-Serie draufhaben müsste, um sich erfolgreich am Markt etablieren zu können. Ich hasse Forendiskussionen, die sich irgendwann einmal ohne jedes verwertbare Ergebnis totlaufen, und so habe ich Nägel mit Köpfen gemacht und gesagt: Packen wir’s an.

Hinzu kommt, dass ich schon immer davon geträumt habe, eine eigene SF-Serie/Reihe zu verlegen. Den Traum habe ich mir nun endlich erfüllt.

 

Fantasyguide: Dein Verlag, der Wurdack-Verlag, ist inzwischen kein Mikro-Verlag mehr, Du kannst jede Menge professionelle Verlagsarbeit in die Waagschale werfen. Wird man da nicht etwas risikoscheuer?

 

Ernst Wurdack: Eher im Gegenteil. Die Vorlaufkosten durch Honorarvorschüsse, Lektorat und vor allem Werbung übersteigen bei weitem alles, was ich bisher an Risiko für andere Projekte eingegangen bin. So lange ein Risiko halbwegs kalkulierbar bleibt, kann man es eingehen.

 

Fantasyguide: Apropos Risiko, mit Dirk van den Boom als startender Autor, hielt sich das Risiko wahrscheinlich in überschaubaren Grenzen, oder?

 

Ernst Wurdack: Dirk van den Boom geht mit seinen Verkaufszahlen immer an die Öffentlichkeit, und jeder weiß, dass es auch bei ihm Projekte gibt, die nicht so laufen wie erwartet. Dirk ist nicht im Team, um irgendwelche Risiken zu minimieren, sonder weil er mehr als jeder andere Erfahrungen mit Serien und Reihen hat. Und weil ich ihn als Autor sehr schätze.

 

Fantasyguide: Wonach wurden die AutorInnen überhaupt ausgewählt, gibt es ganz wichtige Kriterien, auf die Du bei einer Zusammenarbeit Wert legst?

 

Ernst Wurdack: Ich kenne alle meine Autoren – und auch die weiblichen heißen bei mir Autoren – persönlich recht gut. Wichtig ist mir, dass wir als Team halbwegs auf einer Wellenlänge liegen, dass ich die Manuskripte superpünktlich geliefert bekomme und dass sie unterhaltsam schreiben.

 

Fantasyguide: Es ist zum Teil auch Dein Verdienst, dass es einen gewissen Pool an fähigen KünstlerInnen für eine solche Reihe gibt. Hast Du den Part Nachwuchsförderung an andere übergeben?

 

Ernst Wurdack: Wahrscheinlich spielt Du darauf an, dass ich keine Anthologien mehr herausgebe. Ich bin zu der Einsicht gekommen, dass Kurzgeschichten und Anthologien keine wirkliche Nachwuchsförderung darstellen. Egal wie viele und prämierte Kurzgeschichten ein Autor auch veröffentlicht haben mag, es wird ihm dadurch nicht gelingen, einen Fuß bei größeren Verlagen in die Tür zu bekommen. Das sind leider weit verbreitete Wunschträume sowohl von Autoren als auch von neuen und kleinen Verlagen. Und auch ich habe diesen Träumen viel zu lange nachgehangen.

Autorenförderung bedeutet für mich inzwischen, Talenten die Möglichkeit zu geben, sich mit einem Roman der Leserschaft zu präsentieren.

 

Fantasyguide: Aber Anthologien bieten eine Plattform, sich zu beweisen, Texte gedruckt zu sehen und vor allem durch eine Qualitätskontrolle durchzumüssen, die sich am Markt orientiert. Wie findest Du neue Talente, wenn nicht durch ihre Texte?

 

Ernst Wurdack: Genau das ist der Punkt. Autoren wollen sich un-be-dingt gedruckt sehen. Und wenn die kleinen Fingerübungen in möglichst vielen Anthologien abgedruckt werden, dann fühlt sich das unglaublich großartig an. Man glaubt, etwas erreicht zu haben. Das ist gut für das Autoren-Ego. Auf alle Fälle fühlt es sich besser an, als immer wieder Ablehnungsschreiben von richtigen Verlagen auf Roman-Manuskripteinsendungen zu bekommen. Weil man sich da nämlich eingestehen muss, dass man doch kein so toller Hecht ist, wie man angenommen hat.

Gibt es denn etwas Schöneres, als sich selbst etwas vorzumachen, sich selbst anzulügen?

 

Hand aufs Herz, was beweist man sich damit, dass man in einer Anthologie erscheint? Die Auswahlkriterien für viele Anthologien, die hoffnungslos am Interesse der Leserschaft vorbeigehen und deren Herausgeber meist genauso erfolglos sind wie die Autoren, die in der Anthologie veröffentlichen, sind doch nicht Qualität sondern allein die Hoffnung der Herausgeber, dass möglichst viele Autorenexemplare abgenommen werden, um wenigstens 100 bis 200 Exemplare der Anthologie herstellen zu können. Autoren, die am laufenden Band Kurzgeschichten veröffentlichen, beäuge ich inzwischen sehr skeptisch. Meist sind diese Art von Autoren, von wirklich wenigen Ausnahmen abgesehen, nicht in der Lage, vernünftige Romane in angemessener Zeit abzuliefern. Eine traurige Erfahrung, die ich in den letzten Jahren vielfach machen musste. Allein in den letzten beiden Jahren haben 9 Autoren, die bereits einen Vertrag in der Tasche hatten, letztendlich gar nichts abgeliefert und so ihre Chance leichtsinnig verspielt. So sieht die Realität aus, wie sie sich mir darstellt.

Neue Talente findet man übrigens, wie man sie schon immer gefunden hat. Man liest Manuskripteinsendungen oder Romane, bekommt viele und auch unglaublich zielgerechte Angebote von Agenturen, vor allem im Krimibereich, kommt mit den Autoren ins Gespräch – und verlegt sie dann.

 

Fantasyguide: Besonders Lektorat und Korrektorat sind in letzter Zeit oft genug Opfer von Einsparungen geworden, jedoch bei Wurdack scheint man sich Qualität noch leisten zu wollen. Womit bezahlst Du das? Was ist der Preis des guten Buches?

 

Ernst Wurdack: Einsparungen sind in meinen Augen der absolut falsche Weg. Qualität hat nicht nur einen Preis, sondern auch einen Wert. Künftige Gewinne erzielt ein Unternehmen durch Investitionen, nicht dadurch, dass man sich und seine Produktpalette tot spart. Dazu muss ein Buch realistisch kalkuliert werden. Kleinverlage, die glauben, wie Großverlage über den Preis punkten zu können, werden untergehen. Und selbst Großverlagen macht diese Billigheimerei schwer zu schaffen.

Man verkauft ein Produkt wie ein Buch nicht, weil es besonders billig ist – diese verquere Denke sitzt leider immer noch in den Köpfen vieler Leute – sondern weil es die Leser begeistert.

 

Fantasyguide: Wer sind Deine Meisterwerkmacherinnen? Kannst Du uns mal etwas vorschwärmen von Deinem tollen Team?

 

Ernst Wurdack: Da ist Dirk van den Boom, Matthias Falke und Holger M. Pohl, über die ich Dir, den Leuten im Sf-Fandom und den Lesern des Fantasyguide nicht viel zu erzählen brauche. Man kennt sie einfach.

Dazu kommen Niklas Peinicke, unser Spezialist für technische Details, mathematische und physikalische Abläufe – kurz, der Mann der dem Team die Welt von »D9E» erklärt – und Nadine Boos, die neben ihren erfolgreichen Jugendbüchern nun auch wieder SF schreibt.

Ganz wichtig ist das Lektoratsteam: André Piotrowski, Stammlektor Dirk van den Booms und des Atlantis Verlags, ein SF-Routinier und unermüdlicher Arbeiter, der superpünktlich sehr saubere Arbeit abliefert. Wolfgang Brandt, Herausgeber des Geisterspiegels und langjähriger Lektor bei vielen Genreverlagen. Knallhart und unerbittlich. So wie ich es gerne habe.

Und last but not least Esther Haffner, die aus dem Profilager kommt und für die ganz großen Verlage hauptsächlich Sachbücher lektoriert. Daneben war sie lange Jahre Mitarbeiterin des Corona Magazins. Ich habe Esther auf dem BuchCon kennen gelernt und schätze ihre konzentrierte und ihre einfühlsame Arbeit überaus, genau wie Niklas Peinecke, Nadine Boos, Andrea Tillmanns und Steffen König (dessen SF-Debütroman Die Dämonen vom Ullswaterim Frühjahr erscheint) – die vier Autoren, die Esther in meinem Verlag betreut.

 

Fantasyguide: Gibt es Kennzahlen, die »D9E« erfüllen muss, um bei Dir im Programm zu bleiben?

 

Ernst Wurdack: Erstes Ziel sind mindestens 1000 verkaufte Bücher pro Band innerhalb eines Jahres. Das ist – realistisch betrachtet – machbar. Alles weitere wird sich zeigen. Es ist wirklich nicht leicht, eine neue SF-Serie/Reihe zu etablieren.

 

Fantasyguide: Ist »D9E« die Art von SF, die Du gern selbst liest? Hast Du vielleicht sogar schon einen Lieblingsband?

 

Ernst Wurdack: Ich mag spannende Lektüre, in die man versinken kann und die auch Räume für die eigene Fantasie offen lässt. Einen Lieblingsband habe ich nicht, es ist für mich sehr reizvoll zu sehen, wie unterschiedlich die Teammitglieder an die Aufgabe herangehen.

 

Fantasyguide: Welche Begleitprojekte zu den Büchern sind geplant? Wird es Bastelbögen, Poster, Fanseiten oder dergleichen geben? Wie groß ist das Projekt für Dich eigentlich?

 

Ernst Wurdack: In diesem frühen Stadium kann man dazu noch nicht viel sagen. Wir denken über dies und das nach, reden drüber, und verwerfen vieles wieder. Wenn wir im Lauf der Zeit Meinungen und Rückmeldungen von den Lesern bekommen, dann wird die Sache für uns möglicherweise etwas einfacher. Und sollte sich jemand für »D9E« so sehr begeistern, dass er oder sie eine Fanseite ins Leben ruft, dann wären wir natürlich vor Freude aus dem Häuschen!

»D9E« ist für mich eines von zwei Projekten, auf die ich mich in den nächsten Jahren konzentrieren werde. Das andere Projekt ist der Aufbau einer Krimischiene, was ich ja schon seit einigen Jahren angehen wollte, aber bisher nie die Zeit dazu gefunden habe.

 

Fantasyguide: Glaubst Du, dass »D9E« über das gebärende Fandom hinaus bei den Leserinnen und Lesern deutscher SF bekannt und beliebt wird?

 

Ernst Wurdack: Band 1 hat sich bisher zu 95% über den Buchhandel verkauft, 5% über den Verlagsshop.

Ich glaube aus diesem Grund schon, dass »D9E« über das Fandom hinaus bekannt werden könnte. Ich hoffe es zumindest.

 

Fantasyguide: Was bedeutet für Dich überhaupt aktuelle »Deutsche SF«?

 

Ernst Wurdack: Atlantis, Begedia, Wurdack. Spannende Unterhaltung für die Leser. Eine ganz persönliche Auswahl meinerseits.

 

Fantasyguide: Wo siehst du die Serie in einem Jahr? Etabliert genug, um dauerhaft neben Perry Rhodan genannt zu werden oder ähnlich bedeutsam für die erste Leseerfahrung wie einst »Mark Brandis«?

 

Ernst Wurdack: Nach zwei Monaten und einem erschienen Band kann und sollte man nicht spekulieren. Das bringt absolut nichts. Wir machen unsere Arbeit so gut wie möglich und dann sehen wir schon, wie es weitergeht. Die Vormerker aus dem Buchhandel für Band 2 stimmen mich allerdings hoffnungsvoll.

 

Fantasyguide: Gibt es noch AutorInnen oder KünstlerInnen, deren Teilnahme an »D9E« ein Herzenswunsch von Dir wäre?

 

Ernst Wurdack: Die gibt es sicher, aber das Team sprudelt nur so über vor Ideen, da stellt sich die Frage nach weiteren Autoren in nächster Zeit für uns nicht. Die ersten 7 Bände sind nahezu fertig und die Autoren unterhalten sich bereits intensiv über den Fortgang der Handlung bis Band 12.

 

Fantasyguide: Vielen Dank für das Interview und möge »Die Neunte Expansion« gehörig expandieren!

 

Ernst Wurdack: Ich bedanke mich, dass ihr »D9E« so viel Aufmerksamkeit entgegenbringt!

Nach oben

Oje, das hat nicht geklappt, Elfenwerk! 20240328223957f66fb829
Platzhalter

D9E – Die neunte Expansion

Buch:

Eine Reise alter Helden

Reihe: D9E – Die neunte Expansion 1

Autor: Dirk van den Boom

Taschenbuch, 250 Seiten

Wurdack,. 12. Oktober 2013

Cover: Alexander Preuss

 

ISBN-10: 3955560104

ISBN-13: 978-3955560102

 

Erhältlich bei: Amazon

Oje, das hat nicht geklappt, Elfenwerk! 20240328223957da43814c
Platzhalter
Platzhalter
Erstellt: 26.11.2013, zuletzt aktualisiert: 16.10.2023 21:13, 13322