Interview: Dirk van den Boom
 
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Interview mit Dirk van den Boom

Redakteur: Ralf Steinberg

 

Den ersten Roman einer Shared-Universe-Reihe zu schreiben, könnte manchen zum sabbernden Elfen mutieren lassen. Wir versuchten mit vorsichtigen Fragen, Dirk van den Boom, den Autor des ersten Bandes Eine Reise alter Helden der neuen SF-Serie Die Neunte Expansion, auf Spätfolgen hin zu untersuchen:

 

Fantasyguide: Hallo Dirk, Du gabst mit »Eine Reise alter Helden« den Startschuss für die SF-Reihe »Die Neunte Expansion« beim Wurdack-Verlag. Warum gerade Du? Bist Du nicht bereits mit zig anderen Romanprojekten komplett ausgelastet?

 

Dirk van den Boom Dazu muss man sich ein wenig die Entstehungsgeschichte der Reihe vor Augen halten. Nachdem eine umfassende Diskussion im sf-netzwerk.de dazu führte, dass Ernst Wurdack die Initiative für diese neue Reihe zu unterstützen begann, gab es eine längere Diskussion dazu unter einer Gruppe von AutorInnen, die sich interessiert gezeigt hatten. Im Verlaufe der Diskussion wurden verschiedene Serienkonzepte besprochen und teilweise wieder verworfen. Als sich herauskristallisierte, dass ein Konzept von mir auf generelle Zustimmung stieß, kam mir die Tatsache zu Hilfe, dass ich vom ersten Roman bereits 40.000 Anschläge fertig hatte, da es eine alte Gedankenspielerei von mir war. Es war daher also »natürlich«, dass daraus der erste Band werden würde. Dass ich viele Romanprojekte laufen habe, ist allerdings wahr. Da ich aber andererseits relativ effizient arbeite und immer an drei Romanen parallel schreibe, war der zusätzliche Arbeitsaufwand verkraftbar.

 

 

Fantasyguide: Was hältst Du davon, als sichere Bank zu gelten? Stören Dich derartige Erwartungshaltungen, belastet Dich der Druck oder spornt Dich das eher an?

 

Dirk van den Boom Ich empfinde keinen Druck und wenn »sichere Bank« bedeutet, dass ich als zuverlässiges, verkraftbares und verwertbares Mittelmaß gelte, ist das für mich kein Problem. Ich habe keine größeren Ambitionen, und gerade Serienstoffe sind kein Spielplatz für Paradiesvögel und hoch ambitionierte Literaturliteraten, sondern vor allem für Handwerker, die sich nicht zuletzt durch eine gewisse Solidität auszeichnen. Das Wort »solide« hat für mich einen positiven Klang. Ich bin gerne solide. Wenn man mich dafür hält, fühle ich mich geschmeichelt. Also kein Problem.

 

Fantasyguide: Gibt es keine Probleme mit dem Atlantis Verlag, wo Du ja quasi der Stammschreiber bist und zudem mit Verleger Guido Latz befreundet?

 

Dirk van den Boom Wer die Print-Ausgabe von »Eine Reise alter Helden« erworben hat, wird hinten eine Anzeige zu meinem MilSF-Roman Tentakelblut gefunden haben – und eine entsprechende zu D9E # 1 hinten in »Tentakelblut«. Und wer den Blog des Atlantis Verlages liest, wird gemerkt haben, dass Guido dort sogar ausdrücklich auf den Start der Reihe hingewiesen hat. Das Verhältnis zwischen beiden Verlegern ist durchaus kollegial. Guido hätte nur Probleme, wenn ich für ihn nicht rechtzeitig abliefere, ein Zustand, der bisher glücklicherweise noch nicht eingetreten ist.

 

Fantasyguide: Durch Deine Arbeit an der Serie Rettungskreuzer Ikarus bist Du ja bereits Kooperationen gewöhnt – wie läuft die Zusammenarbeit bei »D9E«?

 

Dirk van den Boom Anders. »Rettungskreuzer Ikarus« ist eine klassische Fortsetzungsserie gewesen, zumindest bis Band 50 – seitdem wird sie »D9E« ähnlicher. Aber vorher ging es darum, dass Romane anhand vorgegebener Exposés geschrieben wurden, zwar mit vielen Freiheiten, aber einem dann letztlich doch klar definierten Handlungskorsett. »D9E« ist keine Fortsetzungsserie im engeren Sinne, hier schreiben die AutorInnen ihre Geschichten, und müssen dabei nur eine sich im Hintergrund entwickelnde Historie beachten, die irgendwie eingearbeitet werden muss, um als verbindendes Element zu gelten.

 

 

Fantasyguide: Musst Du noch disziplinierter schreiben als gewöhnlich?

 

Dirk van den Boom In gewisser Hinsicht schon, da ich hier konkrete Abgabetermine einzuhalten habe, während die bei meinen anderen Projekten stärker von mir selbst geplant und gerne auch mal verschoben werden. Und ich muss natürlich im weiteren Verlauf der Reihe die Romane der KollegInnen stärker berücksichtigen, da ich dem nicht widersprechen darf, was dort geschehen ist. Das wirkt natürlich auch disziplinierend.

 

 

Fantasyguide: Der Vorlieben an SF beinhalten vor allem Military SF, inwieweit kannst Du Dich hier austoben? Ich hatte so ein bisschen das Gefühl, als hättest Du einen Schongang eingelegt …

 

Dirk van den Boom Ich darf eigentlich schreiben, was ich will – gerade die Vielfalt soll ja ein Charakteristikum von »D9E« sein. Aber der erste Band war ein Einführungsroman, und damit mit all den Herausforderungen behaftet, die ein solcher nun einmal mit sich bringt. Ich konnte ihn nicht nur für die MilSF-Fans schreiben, es musste ein wenig was auch für jene drin sein, die mit Geballer nicht so gut zurechtkommen. Aber ich kann versprechen, dass mein zweiter Roman in diesem Universum etwas stärker zur Sache gehen wird – er ist blutiger, und ich kann versprechen, dass ich einmal mehr George R. R. Martin gechannelt habe.

 

 

Fantasyguide: Gab es Ideen, die Du bei Deiner Arbeit an dem ersten Roman verwerfen musstest?

 

Nein, eigentlich nicht.

 

Fantasyguide: Wo würdest Du »D9E« innerhalb Deines bereits sehr umfangreichen Werkes einordnen? Eine neue Etappe, eine Weiterentwicklung?

 

Dirk van den Boom Eine neue Etappe trifft es ganz gut. Es ist auch eine Rückkehr. Als ich vor Jahren die ersten Tentakelromane geschrieben habe, dann mit der Aussage: ich will nicht immer nur Serien mit anderen Leuten schreiben, ich will was Eigenes. Mein Jodeldiplom. Mit »D9E« hat sich ein wenig der Kreis geschlossen: nachdem ich jahrelang das Eigene gemacht habe, kehre ich zu einer Kooperation zurück und schau mal, was da jetzt vielleicht anders ist. Bisher bereue ich es nicht, sind alles nette Menschen, und jetzt haben wir sogar Ponys. Ich hätte nie geahnt, dass das einmal so wichtig sein würde.

 

 

Fantasyguide: Machst Du Dir überhaupt tiefere Gedanken über Deine Romane? Immerhin kokettierst Du in der Fandom-Öffentlichkeit gerne mit eher monetären Gründen für das Schreiben …

 

Dirk van den Boom Ich mache mir selten tiefere Gedanken, wenn ich schreibe, weder vorher noch nachher. Da ich meine Romane kaum plane, keine Exposés schreibe, keine Protagonisten entwerfe, ist vieles, was ich schreibe, sehr zufällig. Aber dann gibt es durchaus vor allem Dialoge, in denen ich Themen abhandele, oft von meinen Helden mit großer Leidenschaft diskutiert, die mir am Herzen liegen und in denen auf die eine oder andere Weise durchscheint, worüber ich mir in der Tat einst tiefe Gedanken gemacht habe – allerdings nicht notwendigerweise mit der Absicht, sie in einem Roman zu verbraten. Sie tauchen dann aber spontan auf, weil es gerade so schön passt, und dann greife ich diese Dinge auch gerne auf. Ich schreibe sehr assoziativ. Dinge fallen mir ein, aus völlig anderen Kontexten. Das plane ich aber nicht, das passiert einfach.

 

Fantasyguide: Vielleicht ist mein Eindruck falsch, aber ich spüre in Deinen Romanen immer wieder Dein tiefes Verständnis von Wirtschaftsabläufen. Inwieweit spielt Deine wissenschaftliche Arbeit und Ausbildung in Deine Romane hinein?

 

Dirk van den Boom Mein Studium der Politikwissenschaft, Soziologie und Neueren Geschichte sowie meine berufliche Arbeit als Consultant, Projektberater und Evaluator haben mich mit einer Vielzahl von Themen konfrontiert, ökonomische, politische, soziale, ethnologische, psychologische … und es liegt in der Natur meiner Arbeit, dass ich einer Vielzahl von höchst unterschiedlichen Menschen begegne, mit einer Spannbreite vom Minister bis zum armen Bewohner eines entlegenen Balkandorfes. Und diese persönlichen Erfahrungen fließen natürlich in meine Schreibe ein, mal ernsthaft, gerne aber auch sehr ironisch. Ich vermute, sie helfen mir, manche Dinge ein wenig authentischer wirken zu lassen (was übrigens nicht heißt, dass sie auch authentischer sind – ich bin jederzeit gerne bereit, ein Potemkinsches Dorf für meine Leser zu errichten).

 

 

Fantasyguide: Könntest Du gegen Deine fundamentalen Ansichten schreiben, also etwa eine erfolgreiche Planwirtschaft als Background der Handlung?

 

Dirk van den Boom Kein Problem. Alles ist letztlich ein plot device. Wenn es der Geschichte dient, die ich schreiben möchte, dann bin ich zu jedem Opfer bereit. Ich selbst bin beispielsweise anerkannter Kriegsdienstverweigerer. Und ich liebe MilSF, weil sie sich so wunderbar dazu eignet, die Geschichten zu schreiben, die ich schreiben will. Das muss alles kein Widerspruch sein, und ich finde, gerade bei eskapistischer Literatur sollte man die Kirche im Dorf lassen. Es geht nicht um Glaubensbekenntnisse, es muss ordentlich Rumms machen.

 

 

Fantasyguide: Wohin geht die Reise der Interceptor noch? Was kannst Du schon verraten?

 

Dirk van den Boom Nix. Ich verrate gar nix. Sie wird möglicherweise nochmal irgendwo auftauchen, aber im Gegensatz zu anderen Kollegen – wie Niklas Peinicke etwa – habe ich keine Trilogie von irgendwas geplant. Ich habe gar nichts geplant. Ich weiß immer nur so ungefähr, was während der nächsten 5000 Zeichen passiert. Der Rest entwickelt sich halt irgendwie. Also keine Voraussagen. Schon mein nächster Roman kann sich um was völlig anderes drehen, mit ganz anderen handelnden Personen. Oder auch nicht.

 

 

Fantasyguide: Welchen Einblick hast Du in die anderen Romane, musst Du alle lesen, oder reichen Dir die Exposés?

 

Dirk van den Boom Du sprichst da eine schwierige Sache an: ich bin extrem faul und kann mich oft nicht aufraffen, den Krempel meiner Mitschreiber zu lesen. Ich hasse Exposés, Datenblätter, wasweißich. Wir haben alles sorgsam in einer gemeinsam genutzten Dropbox abgelegt, aber ich bin am wenigsten derjenige, der diese auch nutzt. Ich bin entsetzlich schluffig, was das angeht. Ich habe die Romane meiner KollegInnen, soweit sie vorliegen, nur überflogen und werde sie wahrscheinlich erst lesen, wenn sie erschienen sind. Ich hoffe und bete, dass meine Mitstreiter fleißiger und ordentlicher sind und merken, wenn ich Mist baue.

 

 

Fantasyguide: Wie ist das innerhalb der Reihe geregelt, dürfte Dir jemand das Raumschiff unter den tippenden Fingern wegschießen oder Deine Figuren umbringen? Oder sterben sowieso alle?

 

Dirk van den Boom Jaaa! Jaaa! Der große Kataklysmus! Alle sterben! Jaaa!

Nein, wir »übergeben« sogar manchmal Protagonisten an den nächsten Autor. Aber alles nur abgesprochen. Wir pfuschen uns nicht gegenseitig ins Handwerk.

 

Fantasyguide: Gibt es eine Autorin oder einen Autor, den Du noch gerne in der Reihe schreiben sähest?

 

Dirk van den Boom Armin Rösler. Aber der ist derzeit so sehr mit anderen Sachen zu, das ist nur ein leidenschaftlich-feuchter Traum von mir. Und Uwe Post, der anfangs beim Projekt dabei war. Täte ihm mal ganz gut, etwas nicht so Extravagantes zu schreiben. Von ihm würde ich gerne mal einen knackigen, total unlustigen SF-Abenteuerroman lesen.

 

 

Fantasyguide: Vielen Dank fürs Antworten und möge Daxxel ewig weiter ermitteln!

 

Dirk van den Boom Daxxel? Ist das was zum Essen?

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D9E – Die neunte Expansion

Buch:

Eine Reise alter Helden

Reihe: D9E – Die neunte Expansion 1

Autor: Dirk van den Boom

Taschenbuch, 250 Seiten

Wurdack,. 12. Oktober 2013

Cover: Alexander Preuss

 

ISBN-10: 3955560104

ISBN-13: 978-3955560102

 

Erhältlich bei: Amazon

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Erstellt: 07.12.2013, zuletzt aktualisiert: 16.10.2023 21:13, 13340