Interview: Bernd Steinhardt
 
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Interview mit Bernd Steinhardt

Redakteur: Christine Schlicht

 

Bernd Steinhardt, geboren 1960, ist promovierter Ethnologe. Forschungsreisen und Recherchen führten ihn nach Asien, Australien und Polynesien. Er war in der Fernsehproduktion tätig und betreibt eine Firma für Mediendesign. Bernd Steinhardt lebt als Autor in Bremen.

 

 

Fantasyguide: Warum spielt „Impact“ in Neuseeland? Was verbinden Sie persönlich mit dem Land, denn Naturkatastrophen, lokal begrenzt, können sich ja auch überall auf der Welt abspielen und Polarlichter gibt es auch am anderen Ende der Welt?

 

Bernd Steinhardt: Neuseeland ist einfach faszinierend. Ich habe das Land auf einer sechstausend Kilometer langen Reise kennen und lieben gelernt. Daher sind mir die Orte des Settings für Impact sehr vertraut. Die fantastische Landschaft der Marlborough Sounds mit ihren Wasserstraßen kam der Romanhandlung sehr entgegen - die Abgeschiedenheit der fast unbesiedelten Buchten und die Nähe zur Großstadt Wellington, die durch ihre Lage in einem uralten Vulkankrater einen ebenso reizvollen wie interessanten Schauplatz bietet. Zudem verlangt die im Roman beschriebene Technologie des Skybusters – die in Alaska real existiert - einen Standort nicht allzu fern der Polarregionen.

 

Fantasyguide: Haben Sie als Ethnologe tiefere Einblicke in die Mystik der Maori bekommen? Was ist für sie das Faszinierendste an diesem Volk?

 

Bernd Steinhardt: Da ich tropische Inseln liebe, galt mein wissenschaftliches Interesse immer besonders der Ethnologie des pazifischen Raumes. Hier hat mich neben der natürlichen Herzlichkeit der Menschen vor allem die Weltanschauung und das Naturverständnis der Polynesier fasziniert. Danach steht der Mensch direkt mit einer durch und durch lebendigen Natur in Symbiose. Wolken und Wellen werden als Wesen angesehen, mit denen man kommunizieren kann. Deutlicher als in Impact beschreibe ich diese Weltanschauung in meinem Roman Die Inseln am Ende der Zeit, der in Hawai´i angesiedelt ist und bei dem es um fatale Eingriffe des Menschen in das Ökosystem des Organismus Erde geht.

 

Fantasyguide: Wie denken Sie selbst über Meditation und den Zustand der Erleuchtung? Steht der promovierte Wissenschaftler diesen erhabenen Geisteszuständen eher analytisch- nüchtern gegenüber oder akzeptiert er auch Dinge, die sich nicht mit wissenschaftlichem Rationalismus erklären lassen?

 

Bernd Steinhardt: Nach meinem Verständnis ist das rationale Denken nur ein Teil der möglichen Bewusstseinszustände unseres Geistes und zudem noch ein eher oberflächlicher Teil. Darüber hinaus glaube ich, dass Erleuchtung – abseits aller religiösen oder spirituellen Überhöhungen – nichts Außergewöhnliches sondern etwas sehr einfaches ist. Es ist die simple Erfahrung, dass man mit dem, was man wahrnimmt, identisch ist. Es ist das in vielen ursprünglichen Weltanschauungen verankerte „Du bist Das“-Prinzip. Leider bereitet dieses Konzept unserem rationalen Verstand mit dem Paradigma einer objektiv existierenden, materiellen Welt „da draußen“ nicht nur enorme intellektuelle Probleme sondern auch tief verwurzelte Ängste. Denn wenn man die Welt, die man wahrnimmt, selbst erschafft, ist man auch für sie verantwortlich.

 

Fantasyguide: Wie tief sind sie selbst schon in diese andere Form der Weltanschauung eingedrungen?

 

Bernd Steinhardt: Für uns Kopfmenschen ist es schwer, diesen Zustand der Identität bewusst zu erleben, obwohl ich als Musiker einige Male diese Erfahrung gemacht habe. Intellektuell habe ich mich intensiv mit asiatischen Philosophien – speziell dem Taoismus - beschäftigt, der uns in unvergleichlich simpler Weise die Beschränktheit unserer materialistischen Denkweise vor Augen führt. Was geschehen könnte, wenn der Geist in der Materie erwacht und uns die Spiegelbildfunktion der Welt „da draußen“ bewusst wird, habe ich versucht in meinem Thriller Der Traum der steinernen Drachen zu beschreiben, wo Menschen in ihrem Machtstreben mit verheerender Wirkung die Kräfte der Natur entfesseln.

 

Fantasyguide: Am Anfang glaubt man, einen reinen Techno-Thriller zu lesen, der irgendwie einen Hauch Science-Fiction verströmt. Erst am Ende werden die Anteile an Mystik und nahezu fantastisch anmutenden Elementen zahlreicher, bis hin zum nicht ganz rational erklärbaren /erklärten Ende. Dafür wird die Beklemmung immer größer, dass man vielleicht tatsächlich schon vor dem Ende der Welt steht. Wie tief geht ihr Verständnis für derartige High-Tec tatsächlich, oder in die Zusammenhänge unseres fragilen Atmosphären- und Ökosystems? Wie viele Berater haben sie „verschlissen“, um das ganze derart dicht und vor allem glaubwürdig zu verpacken?

 

Bernd Steinhardt: Wenn man sich mit grenzwissenschaftlichen Themen befasst, ist es mitunter nicht leicht, wirklich hilfreiche Informanten zu finden. Als ich während meiner Recherchen einen Atmosphärenphysiker zum Thema Wettermanipulation befragte, zeigte er sich nur in bemühtem Unglauben gegenüber der Existenz einer Technologie wie sie in Impact beschrieben wird. Dies gilt umso mehr für die sich gerade neu etablierende Wissenschaft der Noetik (Lt. Duden: Lehre vom Denken, vom Erkennen geistiger Gegenstände. Gilt aber als Grenzwissenschaft. Anmerk. Des Interviewers.), für die viele nur ein mitleidiges Lächeln übrig haben. Obwohl die Erforschung der Phänomene des Bewusstseins sicherlich zu den faszinierendsten Bereichen der Wissenschaft gehört, wird dieses Thema gerne in den Bereich des Esoterischen und Unseriösen verbannt, da es an den in der Wissenschaft fest zementierten Fundamenten der Trennung zwischen Materie und Geist (Wissen und Glauben) rüttelt. Ähnliches gilt für die Ethnologie, die durch die Beschäftigung mit angeblich primitiven Kulturen vielfach eher als romantische Spielzeugwissenschaft angesehen wird. Dennoch bietet sie den Vorteil des permanenten Blicks über den Tellerrand der materialistischen Weltsicht und zwingt uns in der Konfrontation mit rational kaum greifbaren Phänomenen – wie zB. dem Schamanismus -, eingefahrene Ansichten kritischer zu hinterfragen. Das offene Ende von Impact habe ich bewusst gewählt, um den Leser aufzufordern, selbst einmal über den Tellerrand unserer mechanistischen Weltsicht zu schauen, denn dann erkennen wir in den mystischen und fantastisch anmutenden Elementen eine durchaus realistische Basis.

 

Fantasyguide: Oder ist es – mal ganz ketzerisch gesagt - nur für technische Laien (wie zum Beispiel der Interviewerin) wirklich derart glaubwürdig vermittelt? Wird es Leuten, die in diese Technik tiefere Einblicke haben, die Fußnägel aufrollen, so wie es die „Airport“-Filme bei Piloten und Flugzeugtechnikern bewirken, sobald die Piloten-Schauspieler auch nur einen Knopf im Cockpit berühren?

 

Bernd Steinhardt: Die Experimente, die in Impact beschrieben werden, basieren in wesentlichen Teilen auf real existierenden Technologien. Das US-amerikanische HAARP-Projekt in Alaska, das offiziell zur Erforschung der Ionosphäre dienen soll, bietet weit über die Forschung hinausgehende Möglichkeiten als Instrument für die Wetter- und Bewusstseinsmanipulation oder als non-lethales Waffensystem zur Kriegsführung. Ob HAARP tatsächlich in dieser Hinsicht genutzt wird, ist für Außenstehende letztlich wohl kaum zu beantworten. Ich habe mich deshalb im Anhang des Romans bemüht, Quellen für die im Buch genannten Technologien und Forschungsbereiche zu nennen, damit sich der interessierte Leser selbst informieren kann.

 

Fantasyguide: Es gibt diesen Witz: Treffen sich zwei Welten. Klagt die eine ‚Ich hab Homo Sapiens‘. Da beruhigt die andere: ‚Keine Bange, das geht vorüber‘.

Gibt es noch Hoffnung für diese Menschheit? Glauben Sie, dass die Menschen im Angesicht des Untergangs tatsächlich zu einem kollektiven Bewusstsein zusammenfinden und die Welt retten können (die Interviewerin hat, als Berufsgrüne, sprich Landschaftsarchitektin, diese Hoffnung nämlich leider schon ein Stück weit aufgesteckt) oder werden die Barrieren von Ideologie und Religion stärker sein und die Krankheit Homo Sapiens wirklich vorüber gehen?

 

Bernd Steinhardt: Die ehrliche, aber wenig bequeme Antwort auf diese Frage versteckt sich im Epilog von Impact. Wenn die Welt abhängig von Göttern, Geistern oder dem Regieren des Zufalls in einer mechanistisch aufgebauten und von skrupellosen Wissenschaftlern gesteuerten Weltmaschine wäre, hätte ich wenig Hoffnung. Wenn sie aber ein Spiegelbild unseres Bewusstseins ist, vermag jeder seine Welt auf seine Weise zu verändern, zu retten oder erst gar nicht in Gefahr zu bringen. Aber das führt uns, wie bereits erwähnt, zu der unangenehmen Frage nach der Verantwortung für die Dinge, die uns geschehen. Oder umgekehrt ausgedrückt, suchen wir immer zuerst den Schuldigen woanders und entmündigen uns damit, unsere Probleme selbstverantwortlich und aktiv zu bewältigen. Wir gebärden uns wie der bekannte Mönch in seiner Kammer, der sich heftig über die kleine Maus beschwert, die ihn beim Meditieren über das Wesen der Welt stört. „Wie kannst du hoffen“, fragt die Maus ihn, „Eins mit Gott zu werden, wenn Du es noch nicht einmal mit mir aushältst?“

 

Fantasyguide: Eigentlich ist es eine schon ziemlich ausgelutschte Frage und vielleicht schon langweilig – aber wie sind Sie auf die Idee zu „Impact“ gekommen? Spätestens bei dem Cloudbuster fallen einem (schon etwas älteren) Leser wie mir Kate Bushs Liedzeilen aus dem gleichnamigen Lied ein und man hat ein Bild einer ebensolchen Apparatur vom Plattencover vor Augen. Gibt es da eine Verbindung?

 

Bernd Steinhardt: Auch ich finde es immer wieder spannend zu erfahren, wie Ideen entstehen. Impact hatte mehrere Wurzeln. Es sollte ein Roman über die Zusammenhänge zwischen Phänomenen in unserer Biosphäre und unserem Bewusstsein werden, die uns zeigen, wie oberflächlich unser Weltverständnis auch heute noch ist. Und ja – tatsächlich – hat mich Kate Bush in gewisser Weise dazu inspiriert. Zum einen war es der Song „Cloudbusting“ mit dem beeindruckenden Video mit Donald Sutherland, der mich wieder an die faszinierende Lebensgeschichte des dt. Psychoanalytikers Wilhelm Reich erinnert hat, der genau diesen Phänomenen auf der Spur war. Im Grunde war es aber ein anderer Song vom Album „Hounds of Love“. „Under Ice“ hat in Impact nicht nur das Setting sondern auch die Story befruchtet, weil er auf das latente Potential und die Tiefe des menschlichen Geistes „unter dem Eis unserer rationalen Wahrnehmung“ hindeutet. Vielen Dank an Kate Bush für ihre großartige Musik!

 

Fantasyguide: Vielen Dank, dass sie sich für dieses Interview Zeit genommen haben.

 

Bernd Steinhardt: Ich bedanke mich für Ihre interessanten Fragen!

 

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Buch:

Impact

Autor: Bernd Steinhard

Ullstein, 2010

Gebunden, mit Schutzumschlag, 515 Seiten

 

ISBN 978-3-471-35035-5

 

Erhältlich bei: Amazon


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Erstellt: 21.09.2010, zuletzt aktualisiert: 16.10.2023 21:13, 11001